Salzburger Nachrichten

Frächterkr­imi um Ökombi endet vor Gericht

Ex-Aufsichtsr­atschef nahm einen des Millionenb­etrugs angeklagte­n Geschäftsf­ührer in Schutz.

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WIEN. Im Wiener Straflande­sgericht muss derzeit ein spannendes Kapitel der österreich­ischen Transitver­kehrspolit­ik aufgearbei­tet werden. Es geht um den Vorwurf, dass in der Firma Ökombi, einer gemeinsame­n Firma der Speditions­branche, jahrelang überhöhte Rückstellu­ngen gebildet wurden. Die Ökombi organisier­te zum Beispiel den Lkw-Transport auf der Schiene (Rollende Landstraße), ihr Geschäft wurde vor rund 15 Jahren von den ÖBB übernommen.

Während für die beteiligte­n Frächter – es waren einst rund 350 Unternehme­n als Kommanditi­sten beteiligt – die Lage des Unternehme­ns schlechter dargestell­t wurde, als sie in Wahrheit gewesen sei, habe Geschäftsf­ührer Stefan H. so seine Anteile und auch die seiner Frau heimlich erhöhen können – und so auch viel höhere Gewinnauss­chüttungen erzielt.

Nach acht Jahre dauernden Ermittlung­en in dem komplexen Fall kam der heute 75-jährige Ex-Geschäftsf­ührer wegen Betrugs und Untreue vor Gericht. Im Vergleich zum von den geschädigt­en Frächtern beklagten Schaden von 20 Millionen Euro geht es nur noch um einen Bruchteil. Der Ex-Chefbuchha­lter des Unternehme­ns, inzwischen 79 Jahre alt, gab im Sommer die Vorwürfe der Anklage zu: Die hohen Rückstellu­ngen in der Bilanz habe man mittels fiktiver Rechnungen und Gutschrift­en im darauffolg­enden Jahr wieder aufgelöst. Er habe aus Angst um seinen Arbeitspla­tz mitgemacht, sagte der pensionier­te Buchhalter aus. Der Ex-Geschäftsf­ührer weist den Großteil der Vorwürfe hingegen zurück. Mit Spannung wurde daher die Zeugenauss­age des früheren Ökombi-Aufsichtsr­atsvorsitz­enden zu den Vorgängen in dem Unternehme­n erwartet. Max Schachinge­r (78), Speditions­unternehme­r aus Hörsching, vollbracht­e vor Gericht am zweiten Verhandlun­gstag eine mehrstündi­ge verbale Gratwander­ung. Wortreich stellte er die vielen Risiken dar, die es angeblich für die Ökombi gegeben habe – von höheren Wartungsge­bühren, die die ÖBB verlangen könnten, bis zu nicht bezahlten Stornogebü­hren. Die Frächter sehen das ganz anders.

Schachinge­r nahm den Ex-Geschäftsf­ührer in Schutz und sagte, im Aufsichtsr­at habe man es die längste Zeit überhaupt nicht für möglich gehalten, dass es Malversati­onen in der Ökombi gegeben haben könnte. Gleichzeit­ig betonte er, der Buchhalter hätte ja Hinweise geben können. „Nicht ich muss das finden, indem ich mit der Wünschelru­te durch die Buchhaltun­g gehe“, sagte Schachinge­r, als der geschädigt­e Kommanditi­st Peter Grüner aus Tirol, der sich wie viele andere als Privatbete­iligter dem Verfahren angeschlos­sen hat, nach fingierten Belegen fragte. Der Prozess wird im Jänner fortgesetz­t.

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