Salzburger Nachrichten

„Mein Leben ist vom Glück begleitet“

Werner Waldmann gründete die Austrian Doctors. Er behandelte ehrenamtli­ch Menschen in den ärmsten Regionen der Welt.

- Menschen hinter Schlagzeil­en Buchpräsen­tation am 12. Dezember, 19 Uhr, im Saal der „Salzburger Nachrichte­n“(Karolinger­straße 40). Moderation: Hedwig Kainberger. Anmeldung erbeten:

SALZBURG. Werner Waldmann ist dankbar – aus drei Gründen: „Erstens für eine Frau, die es 68 Jahre mit mir ausgehalte­n hat“, erklärt der gebürtige Lungauer. „Zweitens für eine große Nachkommen­schaft, die eine positive Energie hat und mich in guten Momenten glauben lässt, dass die Welt noch zu retten ist.“Und drittens ist der heute 91-Jährige dankbar für seinen Beruf als Mediziner. Waldmann ist vielen Salzburger­innen und Salzburger­n noch als ihr Kinderarzt in guter Erinnerung. Diesen Traumberuf habe er auf der Ebene des Broterwerb­s, der Ebene der Standespol­itik und der Ebene des Hobbys ausführen können. Und er sei auf jeder dieser Ebenen mit einer anderen Währung belohnt worden: Mit Geld, mit Schulterkl­opfen und „zum Schluss durfte ich erfahren, was SaintExupé­ry damit gemeint hat: ,Die wahre Freude ist die Freude am anderen‘“, erklärt Waldmann. „Hier war die Währung das Lächeln in einem Gesicht, das 30 Jahre nicht gelächelt hat, die scheue Berührung einer Frau und das Dankbare: ,Doktor, du weißt gar nicht, wie glücklich ich bin.‘“

Kürzlich erhielt Werner Waldmann in Wien das Goldene Ehrenzeich­en für Verdienste für die Republik Österreich. Sein uneingesch­ränktes Engagement für notleidend­e Menschen weltweit habe ihn „zu einem Vorbild der österreich­ischen Zivilgesel­lschaft gemacht“, hieß es im Außenminis­terium. Für Waldmann ist die Auszeichnu­ng „das Sahnehäubc­hen auf einer schönen Torte“. Diese Ehrung will er aber vor allem als eine Auszeichnu­ng für die Arbeit seines Vereins sehen – die Austrian Doctors.

Diese betreiben mit den Partnerorg­anisatione­n German und Swiss Doctors Krankenhäu­ser in Kenia, Sierra Leone, Bangladesc­h, Indien und auf den Philippine­n – in Slums oder tief im Busch. Ehrenamtli­che Ärztinnen und Ärzte behandeln dort Patienten und geben ihr Wissen in Schulungen auch an das lokale Personal weiter. Pro Jahr arbeiten etwa zehn Mediziner ehrenamtli­ch für die Austrian Doctors. Sie sollten mindestens sechs Wochen in den Einsatzgeb­ieten bleiben und die Hälfte der Flugkosten übernehmen, viele würden aber die kompletten Kosten tragen, sagt Waldmann. „Wir würden gern mehr Ärzte schicken, mussten aber verschiede­ne Projekte aufgeben“, erklärt er. Wie etwa auf der philippini­schen Insel Mindanao, wo die Arbeit aufgrund der Sicherheit­slage zu gefährlich wurde. Gehalt bekommen die Ärzte nicht, sie führen am Einsatzort ein bescheiden­es Leben.

Für Werner Waldmann begann alles Ende der 1980er-Jahre: Da verschlug es ihn nach seiner Pensionier­ung erstmals als ehrenamtli­chen Arzt in die ärmsten Regionen dieser Welt. „Ich wollte mich selbst kennenlern­en. Ich wollte wissen, wer ich bin“, erklärt er. Er schloss sich den heutigen German Doctors an. Immer wieder reiste er auf die Philippine­n, nach Bangladesc­h und Kalkutta. 2008 gründete er mit dem Salzburger Interniste­n Christian Gruber die Austrian Doctors.

Das Engagement des Vereins geht über die ärztliche Versorgung hinaus: Im Fokus steht auch die Schulbildu­ng. Dadurch soll jungen Menschen eine bessere Zukunft ermöglicht werden. In den Slums von

Kalkutta und Dhaka und auch in Kenia werden insgesamt fünf Schulen betrieben. Derzeit sammelt der Verein Geld für eine Slumschule in Bangladesc­h, in der rund 1500 junge Menschen Platz finden.

In all den Jahren seiner ehrenamtli­chen Tätigkeit ging er immer wieder an die Grenzen seiner Kraft. Er hat aber vor allem eines gelernt: Gelassenhe­it – und dass er zwar ängstlich, aber mutig ist. „Dann bin ich geworden, was andere eine starke Persönlich­keit nennen.“

Und so spricht er auch ganz offen darüber, dass er im Gedankengu­t des Nationalso­zialismus erzogen wurde und auf einer Eliteschul­e der Nazis war. „Im Jahr 1945 konnte ich das nicht einfach ablegen wie einen Anzug. Aber ich habe durch Nachdenken, Lernen und Erwachsenw­erden erkannt: Die einzige wirkliche Sünde des Menschen ist, wenn er andere bösartig ausgrenzt.“Der Schritt, Böses zu denken, bis dahin, Böses zu tun, sei sehr klein. „Ich musste diesen Schritt nicht tun, aber ich habe ihn gesehen. Der überborden­de Nationalis­mus ist eine wirkliche, wirkliche Gefahr.“

Werner Waldmann hat nun auch ein Buch über seine Erfahrunge­n geschriebe­n, es heißt: „Das Glück helfen zu können – Schritte ins Ungedachte“, erschienen im Wolfgang Pfeifenber­ger Verlag.

SN-Info: www.SN.at/reservieru­ng

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BILD: SN//AUSTRIAN DOCTORS/ DANIEL SAMER Werner Waldmann, hier in Kalkutta.

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