Casinos berufen Vorstand aus Sorge um ihre Reputation ab
Peter Sidlo ist ab sofort nicht mehr Finanzvorstand der Casinos Austria AG. Der Aufsichtsrat macht „Umstände nach der Bestellung“geltend, Sidlos Engagement sei korrekt erfolgt.
Die Karriere von Peter Sidlo bei der Casinos Austria AG ging am Montag nach nur sieben Monaten zu Ende. Der Aufsichtsrat beschloss in einer Sondersitzung, ihn aus der Funktion des Finanzvorstands „aus wichtigem Grund“abzuberufen. Die Entscheidung wird sofort wirksam, Sidlo scheide ohne finanzielle Ansprüche aus, teilten die Casinos mit.
Die Entscheidung sei getroffen worden, um einen Reputationsschaden vom Unternehmen abzuwenden. Bei der Prüfung der Umstände rund um Sidlos Bestellung seien keine Verfehlungen des Aufsichtsrats zutage getreten. Das habe ein interner Prüfbericht ergeben, der dem Aufsichtsrat am Montag präsentiert wurde. Ausschlaggebend für die Abberufung
seien „Umstände nach der Bestellung“gewesen, betonte die Casinos AG, ohne diese näher zu erläutern. Es dürften Informationen gemeint sein, die seit der im April erfolgten Bestellung öffentlich wurden, also der rege Chatverkehr rund um einen Deal der FPÖ, den die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vermutet.
Demnach soll sich Casinos-Aktionär Novomatic für Sidlo als Vorstand eingesetzt haben, weil die FPÖ im Gegenzug Lizenzen für das Onlinespiel in Aussicht gestellt habe. Drei Mitglieder des Casinos-Aufsichtsrats werden deshalb wegen Bestechung und Untreue als Beschuldigte geführt. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Peter Sidlo wird aus seinem Anfang September angetretenen Urlaub nicht mehr an seinen Arbeitsplatz bei der Casinos Austria AG zurückkehren. Er ist seit Montag seinen Job als Finanzvorstand los. Der Casag-Aufsichtsrat beschloss in einer Sondersitzung, Sidlo mit sofortiger Wirkung „aus wichtigem Grund“und „zum Wohle des Unternehmens“abzuberufen. Als Grund wurde genannt, dass man weiteren Schaden am Image des Unternehmens abwenden wolle. Das Bild, das die Casinos und ihr Aufsichtsrat zuletzt in der Öffentlichkeit abgaben, ist ohnehin schwer ramponiert.
Der Antrag zur Abberufung soll von den Belegschaftsvertretern im Aufsichtsrat gestellt worden sein, er wurde mehrheitlich angenommen. Offiziell gab es zum Abstimmungsverhalten keine Aussagen, es liegt die Vermutung nahe, dass die Vertreter von Novomatic gegen die Abberufung von Sidlo waren, der ja von ihr nominiert worden war.
Laut Aussagen der Casinos scheidet Sidlo nicht nur sofort, sondern auch ohne jegliche finanziellen Ansprüche aus. Das wird damit begründet, dass für die Abberufung „Umstände nach der Bestellung Sidlos“geltend gemacht wurden. Welche das waren, darüber machten die Casinos keine Angaben. Es dürfte dabei aber wohl unter anderem um Passagen aus Chatprotokollen gehen, die seither publik wurden. Aus solchen mit Ex-FPÖ-Chef HeinzChristian Strache geht hervor, dass
Sidlo im Hinblick auf etwaige Fragen von Personalberater Egon Zehnder Strache seine behaupteten Qualifikationen übermittelte, versehen mit dem Hinweis: „Erzähl ihm halt, wie toll ich bin.“
Ob Sidlo Ansprüche aus seinem Vorstandsvertrag geltend macht, ließ er auf APA-Anfrage offen. Er wolle sich erst den Beschluss zu seiner Abberufung im Detail ansehen. Die Casinos-Aktionäre hielten sich mit Äußerungen zur Entscheidung des Aufsichtsrats zurück. Novomatic
(17 Prozent) wollte sie gar nicht kommentieren. Die staatliche Beteiligungsholding ÖBAG (33 Prozent) zog sich auf formale Argumente zurück. Man habe „keine näheren Kenntnisse zu den Erwägungen des Aufsichtsrats“, gehe aber davon aus, dass die Entscheidung „faktenbasiert und sorgfältig abgewogen“getroffen worden sei. Einzig die Sazka-Gruppe (38 Prozent), die sich schon bei der Bestellung Sidlos aus Protest der Stimme enthalten hat und für dessen Abberufung eingetreten war, begrüßt den aktuellen Beschluss. Es sei die „einzige und bestmögliche Entscheidung im Interesse des Unternehmens und seiner Mitarbeiter“gewesen. Ob die für 10. Dezember geplante Hauptversammlung stattfindet, war am Montag offen, bei den Casinos verwies man dazu auf die Eigentümer. Dort wollte Sazka Sidlos Abberufung erwirken, die hat sich erledigt.
Die Casinos wiesen auf den internen Prüfbericht hin, der am Montag präsentiert wurde. Der habe festgestellt, dass sich der Aufsichtsrat weder bei der Trennung von den früheren Vorständen Alexander Labak und Dietmar Hoscher noch bei der Bestellung von Sidlo, insbesondere vor dem Hintergrund einer damals vorliegenden gutachterlichen Stellungnahme der Rechtsanwaltskanzlei CMS, „im Rahmen des vorhandenen Ermessensspielraums korrekt verhalten hat“. Mit der Prüfung war Arbeitsrechtsexperte Georg Schima beauftragt, eine forensische Untersuchung steuerten Wirtschaftsprüfer von KPMG bei. Zur begleitenden Kontrolle der Prüfung hatte Sazka die Anwaltskanzlei Frotz Riedl beauftragt. Kostenpunkt: rund 300.000 Euro.
Casag-Vorstandschefin Bettina Glatz-Kremsner soll sich laut „Standard“in der Sitzung für eine rasche Entscheidung des Aufsichtsrats ausgesprochen haben, um die Casinos aus den negativen Schlagzeilen zu bekommen. Anfang November ging sie noch davon aus, dass sich Sidlo „nichts zuschulden hat kommen lassen und er Anfang Dezember wieder im Unternehmen sein wird“. Dazu kommt es nun nicht, die Chancen, dass die Casag künftig nur mehr zwei Vorstände haben wird, sind gestiegen. Seit September führen Glatz-Kremsner und ihr Kollege Martin Skopek die Casinos und die Österreichischen Lotterien in Personalunion klaglos.
„Will mir den Beschluss im Detail ansehen.“
Peter Sidlo, Ex-Finanzvorstand