Salzburger Nachrichten

Casinos berufen Vorstand aus Sorge um ihre Reputation ab

Peter Sidlo ist ab sofort nicht mehr Finanzvors­tand der Casinos Austria AG. Der Aufsichtsr­at macht „Umstände nach der Bestellung“geltend, Sidlos Engagement sei korrekt erfolgt.

- RICHARD WIENS

Die Karriere von Peter Sidlo bei der Casinos Austria AG ging am Montag nach nur sieben Monaten zu Ende. Der Aufsichtsr­at beschloss in einer Sondersitz­ung, ihn aus der Funktion des Finanzvors­tands „aus wichtigem Grund“abzuberufe­n. Die Entscheidu­ng wird sofort wirksam, Sidlo scheide ohne finanziell­e Ansprüche aus, teilten die Casinos mit.

Die Entscheidu­ng sei getroffen worden, um einen Reputation­sschaden vom Unternehme­n abzuwenden. Bei der Prüfung der Umstände rund um Sidlos Bestellung seien keine Verfehlung­en des Aufsichtsr­ats zutage getreten. Das habe ein interner Prüfberich­t ergeben, der dem Aufsichtsr­at am Montag präsentier­t wurde. Ausschlagg­ebend für die Abberufung

seien „Umstände nach der Bestellung“gewesen, betonte die Casinos AG, ohne diese näher zu erläutern. Es dürften Informatio­nen gemeint sein, die seit der im April erfolgten Bestellung öffentlich wurden, also der rege Chatverkeh­r rund um einen Deal der FPÖ, den die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft vermutet.

Demnach soll sich Casinos-Aktionär Novomatic für Sidlo als Vorstand eingesetzt haben, weil die FPÖ im Gegenzug Lizenzen für das Onlinespie­l in Aussicht gestellt habe. Drei Mitglieder des Casinos-Aufsichtsr­ats werden deshalb wegen Bestechung und Untreue als Beschuldig­te geführt. Es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Peter Sidlo wird aus seinem Anfang September angetreten­en Urlaub nicht mehr an seinen Arbeitspla­tz bei der Casinos Austria AG zurückkehr­en. Er ist seit Montag seinen Job als Finanzvors­tand los. Der Casag-Aufsichtsr­at beschloss in einer Sondersitz­ung, Sidlo mit sofortiger Wirkung „aus wichtigem Grund“und „zum Wohle des Unternehme­ns“abzuberufe­n. Als Grund wurde genannt, dass man weiteren Schaden am Image des Unternehme­ns abwenden wolle. Das Bild, das die Casinos und ihr Aufsichtsr­at zuletzt in der Öffentlich­keit abgaben, ist ohnehin schwer ramponiert.

Der Antrag zur Abberufung soll von den Belegschaf­tsvertrete­rn im Aufsichtsr­at gestellt worden sein, er wurde mehrheitli­ch angenommen. Offiziell gab es zum Abstimmung­sverhalten keine Aussagen, es liegt die Vermutung nahe, dass die Vertreter von Novomatic gegen die Abberufung von Sidlo waren, der ja von ihr nominiert worden war.

Laut Aussagen der Casinos scheidet Sidlo nicht nur sofort, sondern auch ohne jegliche finanziell­en Ansprüche aus. Das wird damit begründet, dass für die Abberufung „Umstände nach der Bestellung Sidlos“geltend gemacht wurden. Welche das waren, darüber machten die Casinos keine Angaben. Es dürfte dabei aber wohl unter anderem um Passagen aus Chatprotok­ollen gehen, die seither publik wurden. Aus solchen mit Ex-FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache geht hervor, dass

Sidlo im Hinblick auf etwaige Fragen von Personalbe­rater Egon Zehnder Strache seine behauptete­n Qualifikat­ionen übermittel­te, versehen mit dem Hinweis: „Erzähl ihm halt, wie toll ich bin.“

Ob Sidlo Ansprüche aus seinem Vorstandsv­ertrag geltend macht, ließ er auf APA-Anfrage offen. Er wolle sich erst den Beschluss zu seiner Abberufung im Detail ansehen. Die Casinos-Aktionäre hielten sich mit Äußerungen zur Entscheidu­ng des Aufsichtsr­ats zurück. Novomatic

(17 Prozent) wollte sie gar nicht kommentier­en. Die staatliche Beteiligun­gsholding ÖBAG (33 Prozent) zog sich auf formale Argumente zurück. Man habe „keine näheren Kenntnisse zu den Erwägungen des Aufsichtsr­ats“, gehe aber davon aus, dass die Entscheidu­ng „faktenbasi­ert und sorgfältig abgewogen“getroffen worden sei. Einzig die Sazka-Gruppe (38 Prozent), die sich schon bei der Bestellung Sidlos aus Protest der Stimme enthalten hat und für dessen Abberufung eingetrete­n war, begrüßt den aktuellen Beschluss. Es sei die „einzige und bestmöglic­he Entscheidu­ng im Interesse des Unternehme­ns und seiner Mitarbeite­r“gewesen. Ob die für 10. Dezember geplante Hauptversa­mmlung stattfinde­t, war am Montag offen, bei den Casinos verwies man dazu auf die Eigentümer. Dort wollte Sazka Sidlos Abberufung erwirken, die hat sich erledigt.

Die Casinos wiesen auf den internen Prüfberich­t hin, der am Montag präsentier­t wurde. Der habe festgestel­lt, dass sich der Aufsichtsr­at weder bei der Trennung von den früheren Vorständen Alexander Labak und Dietmar Hoscher noch bei der Bestellung von Sidlo, insbesonde­re vor dem Hintergrun­d einer damals vorliegend­en gutachterl­ichen Stellungna­hme der Rechtsanwa­ltskanzlei CMS, „im Rahmen des vorhandene­n Ermessenss­pielraums korrekt verhalten hat“. Mit der Prüfung war Arbeitsrec­htsexperte Georg Schima beauftragt, eine forensisch­e Untersuchu­ng steuerten Wirtschaft­sprüfer von KPMG bei. Zur begleitend­en Kontrolle der Prüfung hatte Sazka die Anwaltskan­zlei Frotz Riedl beauftragt. Kostenpunk­t: rund 300.000 Euro.

Casag-Vorstandsc­hefin Bettina Glatz-Kremsner soll sich laut „Standard“in der Sitzung für eine rasche Entscheidu­ng des Aufsichtsr­ats ausgesproc­hen haben, um die Casinos aus den negativen Schlagzeil­en zu bekommen. Anfang November ging sie noch davon aus, dass sich Sidlo „nichts zuschulden hat kommen lassen und er Anfang Dezember wieder im Unternehme­n sein wird“. Dazu kommt es nun nicht, die Chancen, dass die Casag künftig nur mehr zwei Vorstände haben wird, sind gestiegen. Seit September führen Glatz-Kremsner und ihr Kollege Martin Skopek die Casinos und die Österreich­ischen Lotterien in Personalun­ion klaglos.

„Will mir den Beschluss im Detail ansehen.“

Peter Sidlo, Ex-Finanzvors­tand

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