Als ob noch Zeit zum Feilschen wäre
In Madrid hat die 25. UNO-Klimakonferenz begonnen. Kein Weg führt mehr zurück. Doch die Wende lässt auf sich warten.
Es gilt einen Anlauf zu nehmen. Mit Ausnahme von Nicaragua und Syrien haben alle Staaten der Welt den Klimaschutzvertrag von Paris unterzeichnet. Ob die USA mit ihrem vorsintflutlichen Präsidenten tatsächlich aussteigen, muss sich erst weisen. Aber die Zusagen, die gegeben worden sind, um die Erde für die nächsten Generationen zu bewahren, reichen nicht aus. Sie reichen bei Weitem nicht aus.
Genau darum geht es in Madrid. 2015 wurde das Pariser Abkommen geschlossen. 2018 legten die Staaten im polnischen Kattowitz ein Regelwerk fest, das vorschreibt, wie über Emissionsminderungen zu berichten ist. 2020 müssen die Staaten bei der UNOKonferenz in Glasgow ihre Zusagen, also ihre Emissionsziele, nachbessern. Um den Weg zu ebnen, müssen aber noch zwei Dinge geklärt werden:
Der Pariser Vertrag sieht vor, dass Staaten, aber auch Unternehmen, die ihre Emissionsziele übererfüllen, ihr überschüssiges CO2-Budget verkaufen können – zum Beispiel an Österreich, eines der Schmuddelkinder im Klimaschutz. Österreich könnte sich dann anrechnen, was andere eingespart haben. Unter dem Strich stimmt die globale Klimaschutzrechnung trotzdem.
Es stellt sich die Frage der Buchhaltung. Wie kann sichergestellt werden, dass es zu keinen Doppelverrechnungen
kommt? Schon ein Mal ist ein ähnliches System gescheitert. Laut Kyoto-Protokoll war es möglich, dass sich Länder Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen anderswo anrechnen ließen – was zu einem ebenso profitablen wie zwielichtigen Markt geführt hat, die Emissionen aber unberührt ließ.
Um Geld geht es natürlich auch in Madrid, wie könnte es anders sein? Die ärmeren Staaten tragen mangels Industrialisierung die geringste Verantwortung an der Erderhitzung, sind aber am meisten betroffen. Sie fordern Geld, um sich zu wappnen. Die reichen Staaten wollen möglichst wenig geben.
So weit die Ausgangslage. Das Gute an den UNOKlimakonferenzen ist: Sie senden Mal um Mal deutlichere Botschaften aus. Es führt kein Weg mehr zurück in das Goldene Zeitalter von Kohle und Öl. Die Zeit der fossilen Profite geht zu Ende.
Das Besorgniserregende ist: Die Zeit läuft davon. Die Verhandler feilschen behäbig da, tricksen gemütlich dort. Jeder will sich einen Vorteil verschaffen. Als würden Schiffbrüchige in einem sinkenden Boot darüber streiten, wer es ausschöpfen soll.
Dabei ist der Menschheit Verstand gegeben – doch sie handelt, als ob sie keinen hätte.