Salzburger Nachrichten

Sportstar muss fünf Jahre ins Gefängnis

Der tiefe Fall des Doppelolym­piasiegers: Flucht, Prozess, Verurteilu­ng wegen sexuellen Missbrauch­s Unmündiger. Der 59-Jährige glaubt dennoch, Opfer einer Verschwöru­ng zu sein.

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Der tiefe Fall des Doppelolym­piasiegers: Flucht, Prozess, Verurteilu­ng wegen sexuellen Missbrauch­s Unmündiger.

Peter Seisenbach­er war ein Superstar. Ein Sportidol. 1984 und 1988 Olympiasie­ger im Judo. Dazu Europameis­ter 1986, Weltmeiste­r 1985, drei Mal Sportler des Jahres, Goldenes Verdienstz­eichen der Republik Österreich. Am Montag wurde der 59-Jährige am Wiener Straflande­sgericht wegen schweren sexuellen Missbrauch­s Unmündiger zu fünf Jahren Haft verurteilt. Bei der Verkündung des Strafausma­ßes zeigte der Angeklagte keinerlei Emotionen.

Im Sommer 2014 hatte die Staatsanwa­ltschaft gegen Seisenbach­er zu ermitteln begonnen. Vor drei Jahren flüchtete der Wiener über Georgien, wo er als Nationaltr­ainer tätig war, nach Kiew. Im September 2019 wurde er festgenomm­en, als er versuchte, mit einem gefälschte­n Pass von der Ukraine nach Polen zu gelangen.

Am 25. November saß Seisenbach­er erstmals in Wien auf der Anklageban­k. Als er mit den Vorwürfen konfrontie­rt wurde, sagte er: „Sie sagen die Unwahrheit.“Mit „Sie“sind drei Frauen gemeint, wovon eine mittlerwei­le als Mann lebt. Sie hatten Seisenbach­er wegen sexuellen Missbrauch­s angezeigt – die Taten sollen in den Jahren 1997 bis 2004 verübt worden sein, als die drei noch unmündig waren.

Im Lauf des Prozesses sprach Seisenbach­er stets von einer Verschwöru­ng: „Sie hatten genügend Gelegenhei­ten, sich abzusprech­en.“

Der Ex-Judoka ist überzeugt, das Hauptopfer habe Rache geübt. Das Mädchen war seinerzeit von einer Judo-Universitä­t in Japan geflogen. Seisenbach­ers Hilfe blieb aus. Deshalb habe der heute 28-jährige Mann, was den Missbrauch betrifft, „nur Märchen erzählt“. Auf die Frage von Richter Christoph Bauer, warum der 59-Jährige auch von zwei weiteren Frauen beschuldig­t worden war, sie vergewalti­gt zu haben, meinte der Ex-Judoka: „Ich habe nicht auf alles eine Antwort.“Die Befragunge­n jener drei Personen, die Seisenbach­er angezeigt hatten, fanden unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt. Der Angeklagte konnte nebenan mithören.

Am Montag kam auch die langjährig­e Lebensgefä­hrtin Seisenbach­ers zu Wort. Sie erklärte im Zeugenstan­d, der Olympiasie­ger habe zu seinen Schützling­en „ein ganz normales freundscha­ftliches Trainer-Schüler-Verhältnis“gehabt. Was Berührunge­n betreffe, sei ihr nichts aufgefalle­n: „Wenn ich nur ansatzweis­e ein komisches Gefühl gehabt hätte, dass da etwas mit Mädchen ist, hätte ich sicher keine Beziehung mit ihm geführt.“Zwei der drei Mädchen hätten hin und wieder auf ihre Kinder aufgepasst.

Richter Christoph Bauer meinte bei der Urteilsbeg­ründung, sämtliche Belastungs­zeuginnen hätten „außerorden­tlich glaubwürdi­g“gewirkt: „Wir haben nicht den Eindruck gehabt, dass die drei lügen, dass die drei sich geirrt haben oder dass die drei sich gegen den Angeklagte­n verschwore­n haben.“Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

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 ?? BILD: SN/APA/HELMUT FOHRINGER ?? Der wahrschein­lich letzte öffentlich­e Auftritt Seisenbach­ers für lange Zeit.
BILD: SN/APA/HELMUT FOHRINGER Der wahrschein­lich letzte öffentlich­e Auftritt Seisenbach­ers für lange Zeit.

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