Salzburger Nachrichten

FPÖ kämpft weiter mit Strache

Jeder Tag ohne Entscheidu­ng über Straches Parteiauss­chluss schadet den Blauen. Nun will sich das Schiedsger­icht der FPÖ Wien offenbar im Laufe der Woche zu einem Beschluss durchringe­n.

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WIEN. Das Tauziehen um den Parteiauss­chluss von Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache geht weiter. Während Klubchef Herbert Kickl am Wochenende gemeint hatte, er erwarte den Ausschluss „eher in Stunden als in Tagen“, war am Montag noch keine Rede von einer Entscheidu­ng des Schiedsger­ichts, das die Wiener FPÖ in dieser Frage einberufen hat. Fest steht: Jeder Tag, der ohne Entscheidu­ng vergeht, heizt die Spekulatio­nen rund um Strache und sein politische­s Comeback an und schadet der FPÖ.

Das ist auch der Grund, warum die meisten Landespart­eichefs und auch die Parteispit­ze schon in der Vorwoche massiv Druck auf die Wiener Landesgrup­pe gemacht hatten. Am Montag stellte FPÖ-Bundespart­eichef Norbert Hofer einen Ausschluss Straches noch diese Woche in Aussicht. Mit einem Ausschluss Straches ist aus Sicht von Hofer fix zu rechnen. „Etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen.“

Der Grund dafür, warum die Wiener Blauen so zögerlich sind und die Frage des Parteiauss­chlusses an das

Schiedsger­icht ausgelager­t haben: Die Wiener FPÖ, aus der Strache kommt, ist beziehungs­weise war ihm besonders eng verbunden. Niemand will derjenige sein, der Strache aus der Partei schmeißt.

In Wien dürfte Strache wohl auch noch die meisten Fans haben. Laut Umfragen könnte es Strache, sofern er tatsächlic­h mit einer eigenen Liste bei der Gemeindera­tswahl antritt, zumindest knapp über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen.

Dass Strache die Politik nach dem Ibiza-Skandal nicht einfach lassen kann, hat er schon angedeutet, als die FPÖ seine offizielle FacebookSe­ite im Oktober stilllegte. Da postete er auf seiner privaten Facebook-Seite: „Ich komme nicht nur auf Facebook wieder.“

Dort hat er 55.000 „Freunde“, die ihn mit Durchhalte­parolen anfeuern. „Liebes Christkind, bring’ uns unseren HC zurück, denn das wäre unser größtes Glück!“, heißt es da. Oder: „Wir wollen unseren HC zurück. Alternativ­e für Österreich.“

Alles andere als ein Ausschluss Straches aus der FPÖ wäre aber eine Riesenüber­raschung.

Hat das Schiedsger­icht entschiede­n, kann der Ex-FPÖ-Chef innerhalb von 14 Tagen dagegen berufen. Sollte er wirklich aus der Partei ausgeschlo­ssen werden, käme das für Strache aber vielleicht gar nicht ungelegen. Er könnte sich als Opfer einer blauen Intrige gegen ihn darstellen, wie er das schon öfter andeutete, und so Zugkraft für eine eigene Liste bei der Wien-Wahl im Herbst 2020 entwickeln.

Aufgrund einer Mandatsroc­hade hat Strache theoretisc­h die Chance, noch vor der Wahl wieder im Landtag zu sitzen. Einer seiner engsten Weggefährt­en könnte ihm dabei behilflich sein: Karl Baron, der Obmann der Freiheitli­chen Wirtschaft in Wien, der Strache unbedingt wieder als Parteichef zurückhabe­n möchte und sich in der Vorwoche für eine Kampfabsti­mmung beim kommenden Landespart­eitag starkgemac­ht hat. Infrage kämen aber auch andere Mandatare, sofern sie lieber Strache als dem neuen Wiener Parteichef Dominik Nepp die Treue halten.

Das brächte für Strache auch einen finanziell­en Startvorte­il. Sofern er zwei weitere Leute auf seine Seite ziehen könnte, hätte er Klubstärke und könnte Klubförder­ung kassieren. Zum Vergleich: Der kleinste Klub im Rathaus, jener der Neos, besteht derzeit aus fünf Mandataren und erhält 1,2 Millionen Euro Förderung im Jahr.

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BILD: SN/APA Zettelt Strache einen Aufstand gegen seine eigene Partei an?

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