Salzburger Nachrichten

Maltas filmreifer Skandal

Seit Tagen protestier­en Tausende in Malta gegen die Regierung. Das Land erschütter­t zwei Jahre nach dem Mord an einer Journalist­in ein Polit-Erdbeben. Nun fällt der Premier.

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„Mafia, Mafia“, „Kriminelle“, „Gerechtigk­eit“. Die Wut der Demonstran­ten ist groß. Der Inselstaat Malta erlebt die schwerste politische Krise seit Jahrzehnte­n. Immer mehr Menschen gehen im kleinsten EU-Land auf die Straße und protestier­en gegen korrupte Politiker und einen „Mafia-Staat“. Sie halten Bilder der ermordeten Journalist­in Daphne Caruana Galizia in die Höhe. Sie verlangen Gerechtigk­eit für einen Mord, dessen Aufklärung die Regierung die letzten zwei Jahre verschlepp­t hat – wenn sie ihn nicht gar vertuschen wollte. Nach Tagen voller spektakulä­rer Enthüllung­en fällt nun Premiermin­ister Joseph Muscat.

Caruana Galizia wurde im Oktober 2017 durch eine Autobombe in der Nähe ihres Hauses getötet. Sie hatte in ihrem Blog Korruption und Vetternwir­tschaft in Politik und Wirtschaft des Landes angeprange­rt und zu den „Panama Papers“recherchie­rt. Zwar wurden drei Männer angeklagt, den Mord ausgeführt zu haben. Doch wer waren die Drahtziehe­r? Seit zwei Jahren ist kaum etwas passiert, das zur Aufklärung beigetrage­n hätte.

Nun könnte zumindest ein Hintermann entlarvt werden. Und dies erschütter­t die Regierung bis ins Mark: Denn der Mann hatte auch Kontakte bis in die obersten Schaltstel­len der Macht. Im Zentrum steht der Unternehme­r Yorgen Fenech, der am Samstag einer Mittätersc­haft beschuldig­t und angeklagt wurde. Der kahlköpfig­e, kettenrauc­hende Mann mit Nadelstrei­fenanzug und Sonnenbril­le könnte einem Gangsterfi­lm entsprunge­n sein. Er war auf einer Luxusyacht festgenomm­en worden, als er angeblich flüchten wollte. Er wollte Straffreih­eit gegen Informatio­nen zu dem Mord eintausche­n – das blieb ihm verwehrt. Er beteuert seine Unschuld.

Fenech ist Direktor eines Konsortium­s, das 2013 von der Regierung den Auftrag zum Bau eines Gaskraftwe­rks bekam. 2018 wurde bekannt, dass ihm auch die geheime Offshore-Gesellscha­ft 17 Black gehörte.

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BILD: SN/APA/AFP/STRINGER Mit dem Bild der ermordeten Journalist­in klagen die Demonstran­ten Maltas Regierung an.

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