Steuerfrage entzweit die türkis-grünen Verhandler
Steuersenkung oder Klimaschutz? CO2-Steuer – ja oder nein? Die Koalitionsverhandlungen von ÖVP und Grünen stecken in einer schwierigen Phase. Dafür gibt es in der FPÖ Bewegung.
Auch das Wochenende hindurch suchten die Verhandler von ÖVP und Grünen intensiv nach einem Weg zu einer gemeinsamen Regierung. Aber die Nachrichten aus den Koalitionsverhandlungen waren schon besser. Vor allem in der Frage von Ökosteuern und der nächsten Steuerreform findet derzeit ein hartes Ringen statt. Grüne Politiker aus der zweiten Reihe beklagen bereits öffentlich, dass sich die ÖVP zu wenig bewege.
Tatsächlich beharrt die ÖVP auf der Steuerentlastung um fünf Milliarden Euro ab 2021, die sie noch mit der FPÖ beschlossen hatte. Die Grünen hingegen wollen Milliarden in den Klimaschutz investieren und zu diesem Zweck eine CO2-Steuer einführen. Die ÖVP hingegen lehnte die Einführung neuer Steuern bisher strikt ab. Offiziell heißt es zum Stand der Gespräche nur: „Es wird verhandelt.“Und, so der grüne Chefverhandler Werner Kogler: „Es geht langsam voran.“
Auf eine Entscheidung steuert hingegen der Streit zwischen der FPÖ und ihrem Ex-Chef HeinzChristian Strache zu. Dem Vernehmen nach könnte der Strache-Vertraute Karl Baron am Montag sein Wiener Landtagsmandat zurücklegen, das dann von Strache übernommen werden könnte.
WIEN. Die ÖVP-FPÖ-Regierung hatte noch viel vor, ehe sie im vergangenen Mai vom Nationalrat abgewählt wurde. Unter den wichtigsten Vorhaben von Türkis und Blau fand sich eine Steuerentlastung für Einkommensbezieher. Per 1. Jänner 2021 – also übernächstes Jahr – sollten die Lohnund Einkommensteuertarife gesenkt werden, und zwar von derzeit 25, 32 beziehungsweise 42 Prozent auf 20, 30 beziehungsweise 40 Prozent.
Dies sollte den Finanzminister in Summe rund fünf Milliarden Euro kosten. Und die Steuerzahler bei einem Monatseinkommen von 1500 Euro um 500 Euro pro Jahr entlasten. Im Wahlkampf ließ die ÖVP keinen Zweifel daran, dass sie diese Reform auch in der künftigen Regierung, wie immer diese aussehe, umsetzen wolle.
Ob das tatsächlich möglich ist, ist derzeit Gegenstand eines harten Ringens der beiden Koalitionsverhandler ÖVP und Grüne. Denn auch die Grünen wollen eine Steuerreform – aber eine andere als die ÖVP. Während die türkise Steuerreform keine ökologischen Elemente vorsieht, wollen die Grünen eine Reform mit deutlich ökosozialer Schlagseite. Auch eine solche Steuerreform würde wohl Geld kosten. Doch woher nehmen, wenn die ÖVP auf ihrer Fünf-Milliarden-Einkommensteuerreform
beharrt? Und auch ihr Versprechen einhalten will, keine neuen Steuern einzuführen, Stichwort CO2-Abgabe? Auch die Grünen wollen übrigens ihre ökosoziale Steuerreform aufkommensneutral durchführen, das heißt: ohne dafür an anderer Stelle die Steuern zu erhöhen und solcherart die „grüne“Reform querzufinanzieren.
Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Finanzminister aufgrund des nachlassenden
Wirtschaftsaufschwungs in den kommenden Jahren darauf einstellen muss, dass die Steuereinnahmen nicht mehr ganz so fröhlich sprudeln wie zuletzt. Erst vor wenigen Wochen konnte Finanzminister Eduard Müller dem Parlament (für ihn) erfreuliche Zahlen vorlegen. Demnach lagen die Einnahmen in den ersten neun Monaten des Jahres um 2,9 Milliarden Euro über jenen im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das entspricht einem Plus von 5,2 Prozent. Einer der Gründe dafür waren die sprudelnden Steuereinnahmen.
Wie die Koalitionsverhandlungen zum Thema Steuerreform stehen, war nicht zu erfahren: Beide Parteien hielten sich auf SNNachfrage weitestgehend an ihr selbst auferlegtes Schweigegebot. Fest steht aber, dass es sich bei den Steuern um eines jener Themen handelt, in denen eine Einigung schwierig ist.
Das bestätigen auch zwei Grün-Politiker, die sich trotz vereinbarter Vertraulichkeit am Wochenende skeptisch zum Gang der Verhandlungen speziell in Sachen Klimaschutz und Ökosteuern äußerten. „Da steht alles, die ÖVP hat sich bisher nicht bewegt“, klagte der grüne Abgeordnete Michel Reimon. Und der grüne Vorarlberger Landesrat Johannes Rauch argwöhnte, dass die Meldungen über einen angeblich bevorstehenden Abschluss der Verhandlungen von der ÖVP lanciert würden, um die Grünen unter Druck zu setzen. In Wahrheit gebe es in Sachen Klimaschutz noch viel zu tun, sagte Rauch.