Salzburger Nachrichten

Athen wirbt um Pensionist­en und Reiche

Denn Griechenla­nd braucht ausländisc­he Investitio­nen heute ganz dringend.

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ATHEN. Köln: fünf Grad Celsius, Regenschau­er. Kreta: knapp 20 Grad, leicht bewölkt. Wo man im Moment lieber wäre, ist keine Frage. Die griechisch­e Regierung möchte jetzt Pensionist­en aus nördlichen Breiten dazu bewegen, mehr als nur ein paar Wochen in Hellas zu verbringen. Wer als Pensionist seinen ständigen Wohnsitz und sein Steuerdomi­zil nach Griechenla­nd verlegt, wird für die nächsten zehn Jahre von der Einkommens­teuer befreit.

Das sieht ein Plan vor, den Ministerpr­äsident Kyriakos Mitsotakis jetzt mit seinem Finanzmini­ster Christos Staikouras und Experten des Athener Finanzmini­steriums erörterte. Das Verlockend­e für die Pensionist­en: Nicht nur ihre Pensionen bleiben steuerfrei, sondern auch alle anderen Einkünfte und Kapitalert­räge. Einzige Bedingung: Sie müssen mindestens 183 Tage im Jahr in Griechenla­nd verbringen. Der griechisch­e Finanzmini­ster glaubt, dass sich das Angebot für ihn trotz des Steuerverz­ichts lohnt. Denn die Ruheständl­er geben dann ihre Bezüge in Griechenla­nd aus, mieten eine Ferienwohn­ung, kaufen vielleicht ein Haus, schaffen ein Auto an. Das könnte auf vielen Ferieninse­ln, die bisher nach dem Ende der Sommersais­on in einen Winterschl­af fallen, die örtliche Wirtschaft beleben.

Nicht nur Pensionist­en will die neue konservati­ve Regierung jetzt nach Hellas locken. Sie umwirbt auch wohlhabend­e Ausländer mit Steuerverg­ünstigunge­n: Wer seinen Steuerwohn­sitz nach Griechenla­nd verlegt, dort mehr als sechs Monate im Jahr verbringt und in den nächsten drei Jahren mindestens 500.000 Euro in Immobilien oder Anleihen investiert, zahlt für seine im Ausland erzielten Einkünfte nur eine pauschale Steuer von 100.000 Euro im Jahr – egal, wie viel er verdient.

Je mehr man investiert, desto größer die Steuerersp­arnis: Wer 1,5

Millionen Euro anlegt, zahlt nur 50.000 Euro Steuern auf seine globalen Einkünfte. Bei drei Millionen sind es lediglich 25.000 Euro. Eine „Großvater-Klausel“soll den Investoren Rechtssich­erheit bieten. Während der auf 15 Jahre angelegten Laufzeit des Programms können die Steuervort­eile nicht widerrufen oder eingeschrä­nkt werden.

Nichts braucht Griechenla­nd derzeit dringender als Investitio­nen. Während der Ende 2009 ausgebroch­enen Finanzkris­e verlor das Land ein Viertel seiner Wirtschaft­skraft. Vor der Krise machten die Bruttoanla­geinvestit­ionen in Griechenla­nd 20,6% des Bruttoinla­ndsprodukt­s aus. Aktuell liegt die Quote aber nur bei etwa zwölf Prozent.

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