Spaniens Blüten blühen auch im Gemeindebau
Ilia Staple brilliert als Eliza Doolittle am Salzburger Landestheater: In Gerhard Bronners „My Fair Lady“-Fassung darf sie wienerisch fluchen.
WIEN. „O’kragln“, „hamdrah’n“, „Oasch“: Die Frau ist einer Sprache mächtig, die Edmund Sackbauer das Herz aufgehen ließe. Eliza Doolittle ist eine Ikone des CinderellaMythos in Musicalform. Das dauerfluchende Blumenmädchen wird von Sprachforscher Henry Higgins in mühevoller Kleinstarbeit in eine Lady verwandelt. In Gerhard Bronners Wiener Fassung des Musicalhits „My Fair Lady“wird der Londoner Gossenjargon mit Favoritner Lokalkolorit angereichert.
Was der legendäre QualtingerWeggefährte dem Musicalklassiker an Wortwitz entlockt, wird der Vorlage mehr als gerecht. Denn „My
Fair Lady“ist vor allem ein Stück über Sprache. Henry Higgins ist Phonetiker, und die Begegnung mit Eliza Doolittle lässt ihn aufhorchen: Was ihm entgegenkrächze, sei eines menschlichen Geschöpfs nicht würdig, befindet er. Am Salzburger Landestheater verkörpert Sascha Oskar Weis den spröden Junggesellen, der die Frau als Forschungsobjekt betrachtet.
Neben Ilia Staple verblasst er jedoch: Die gebürtige Linzerin besitzt nicht nur eine astreine Musicalstimme mit großer klangfarblicher Bandbreite, sie spielt Eliza Doolittle einfach hinreißend authentisch. Die Wandlung vom sprachlichen Straßenköter zur eleganten Lady ist ebenso glaubhaft wie die Verbitterung über die fehlende Feinfühligkeit
ihres Förderers. Sie wird sich dem Upper-Class-Feschak Freddy zuwenden, den Oliver Floris stimmlich tadellos zeichnet.
Musicalspezialist Andreas Gergen inszeniert dezenter als üblich, das Spektakel ereignet sich in den präzise choreografierten
Ensembleszenen und behutsam eingesetzten Farbtupfern. Ein solcher ist Marco Dott, der Higgins’ resolute Mama als Lotte-Tobisch-Lookalike verkörpert, wie es selbst Lotte Tobisch selig nicht authentischer hätte tun können. Die Grande Dame des Wiener Opernballs regiert über ihre Loge von Ascot, in dessen besserer Gesellschaft sich der Schwan Eliza wieder in ein sprachliches Entlein zurückverwandelt.
Auch Elizas alter Herr ist nicht nur wegen seiner orangen Müllmannkluft (Kostüme: Regina Schill) ein Hingucker: Georg Clementi kann sich zwar nicht ganz entscheiden, ob er weanerisch raunzt oder doch das kehlige Tirolerisch seiner Herkunft durchscheinen lässt. Als Tschecherant mit unlauteren Motiven ist der Landestheater-Routinier dennoch sowohl stimmlich als auch darstellerisch ein Aktivposten.
Für Schwung sorgt zudem die Bühne von Stefan Mayer, die sich aus Higgins’ Bibliothek immer wieder funktional zu Straßenund Ballszenen öffnet. Die szenische Eleganz würde sich auch in der Musik finden, Dirigent Iwan Davies kann am Pult des Mozarteumorchesters jedoch nicht die ganze Finesse dieser klassischen Musicalpartitur herauskitzeln. Das swingende Märchen verfehlt dennoch seine Wirkung nicht, das Premierenpublikum feierte ein starkes Ensemble mit überragender Protagonistin. Musical: „My Fair Lady“von Frederick Loewe. Salzburger Landestheater, bis 16. April 2020.
Die Wandlung zur Lady gelingt authentisch