„Hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht“
Wie ein Chemiker ein neues Modell für Nachhaltigkeit erfand.
SN: Was war die Geburtsstunde der Kreislaufwirtschaft?
Michael Braungart: 1986 war ich als Greenpeace-Aktivist verantwortlich für eine Protestaktion gegen Ciba-Geigy in Basel, wo wir im Winter die Schornsteine bestiegen haben. Bis dahin war mir immer klar, dass wir die Guten und die anderen die Bösen waren. Aber dieser Ciba-Vorstand hat anders reagiert. Sie haben angeboten, dass wir über Nacht runter- und am nächsten Tag wieder raufklettern. Zu Neujahr hat der Werksleiter Rosen und Lebkuchen gebracht und gesagt: „Wir sind doch auch für Nachhaltigkeit.“Damit hat sich das Spiel geändert. Daraus ist ein guter Dialog entstanden.
SN: Wie läuft die Umsetzung?
Sehr gut. Es gibt heute über 11.000 Cradle-to-cradle-Produkte. Wenn das so weitergeht, wird die Welt bis zum Jahr 2050 cradle to cradle sein. Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Idee so schnell umsetzen lässt.
SN: Ist die Idee auf der Madrider Weltklimakonferenz vertreten?
Wir sind dort sehr präsent, es sind Kollegen von mir dabei. Es geht darum, dass die Dinge für die Biosphäre geeignet sein müssen, aber vieles geht noch in die Technosphäre.
SN: Wie denken Sie über Greta Thunberg?
Manchmal bin ich fast ein bisschen neidisch. Wir haben damals unser Leben riskiert im Schlauchboot und auf Fabrikschornsteinen, wir sind wüst zusammengeschlagen worden. Greta hat sich schuleschwänzend vor das Parlament gesetzt und wird überall eingeladen.