„Die Ausbildung ist lernintensiv, das schaffen nicht alle“
Als Mitglied der Plattform Lokfahrdienste in der Gewerkschaft vida und Betriebsrat in der ÖBB-Produktion kennt Marco HörtenhuberStuhl die Situation in Österreich.
SN: Nach den Meldungen über gefälschte Lokführerzeugnisse: Funktioniert die Ausbildung in Österreich? Hörtenhuber-Stuhl: Jeder, der in Österreich fährt, braucht eine behördliche Fahrerlaubnis und muss eine Dienstprüfung in einem Eisenbahnunternehmen, das ausbilden darf, bei sachverständigen Prüfern abgelegt haben. Bei den ÖBB gibt es da keine Bedenken. Meiner Meinung nach wäre es aber eine klassische Aufgabe der Eisenbahnbehörde, die Dienstprüfungen einheitlich abzunehmen. Das wäre fair.
SN: Warum gibt es zu wenige Berufsanwärter? Da treffen mehrere Faktoren zusammen: Die unterschiedlichen Arbeitszeiten im Schichtdienst sind mit den Vorstellungen von Jüngeren über Familie und Work-Life-Balance schwer vereinbar. Auch sind die Jobanforderungen intensiver geworden als vor 20 Jahren.
SN: Passiert in den Zügen heute nicht ohnehin alles automatisch? Natürlich funktioniert in modernen Zügen heute vieles digital. Es gibt eine Art Tempomat und automatisierte Bremsen, wenn das System Störungen meldet. Solche Bremsmanöver sind aber etwas für Notszenarien. Aber der Lokführer muss heute alles selbst machen, von der Zugvorbereitung bis zur -ablieferung. Jeder muss selbst berechnen, wie viel Bremsgewicht nötig ist, damit ein abgestellter Zug im Bahnhof nicht wegrollt. Und es gibt ständig neue Normen und drei Zugsicherungssysteme mit verschiedenen Betriebsvorschriften, die man kennen muss. Die Ausbildung ist lernintensiv, das schaffen nicht alle.
SN: Es passieren vergleichsweise relativ wenige Unfälle mit der Bahn. Warum? Das Eisenbahnsystem ist insgesamt sehr sicher. Allein der Faktor Gleisgeometrie sorgt dafür, dass der Zug nicht aus der Kurve fliegt. Außer, es gibt Fehler. Es wird aber versucht, das technisch zu verhindern.