Im Extremfall gab es Ohrfeigen
Zu „Täter im Talar“(SN vom 30. 11.): Mit Gänsehaut las ich in Ihrer Zeitung von einem Pater, der behauptet, er hätte damals in Gleink nur in „Extremsituationen“Ohrfeigen ausgeteilt. Ich war nicht im Heim, aber in den 70er-Jahren Volksschülerin in Gleink und erzähle seither bei vielen Gelegenheiten die unglaublichen Geschichten, die wir damals mit unserem Religionslehrer erlebt haben. Beispielsweise wie er eine Mitschülerin am Zopf aus dem Beichtstuhl zerrte und mitten in der Kirche kräftig (!) ohrfeigte – vor uns Mitschülern/-innen –, und wir wussten alle, dass sie die Ohrfeigen nicht für ihre Sünden erhielt, sondern weil sie vermutlich zu wenig vorbereitet war und stotterte. Auch im Unterricht reichte ein Stottern beim Aufsagen eines Gebets, um mit dem Religionsbuch kräftig links und rechts geohrfeigt zu werden. In mir hat sich für immer das Bild eingebrannt, wie er, groß und dick im schwarzen Talar, vor dem Tisch eines völlig eingeschüchterten Mitschülers steht, der aus Panik nicht mehr sprechen kann, der Pater holt mit dem Religionsbuch aus, der Schüler duckt sich und das Buch fliegt mit Schwung und in hohem Bogen aus dem geöffneten Fenster in den Schulhof. Meine Freundin musste das Buch holen, traf dabei auf die Direktorin und kam weinend zurück, weil sie für das Verlassen der Klasse zur Rede gestellt, aber ihrer Geschichte nicht geglaubt wurde. Ich kann mich auch daran erinnern, wie der Pater einer Mitschülerin nicht erlaubte, auf das WC zu gehen, wie sie deshalb in die Hose machen musste und die nächste Ohrfeige ausgeteilt wurde. Ja, der Pater hat recht: Es waren stets „Extremsituationen“, wenn Ohrfeigen ausgeteilt wurden! Mag. Birgit Nell 4451 Garsten