Salzburger Nachrichten

Sicherheit für 800 Lehrlinge

Asylbewerb­er in Lehre sollen nicht mehr abgeschobe­n werden. Aber was passiert nach Abschluss der Lehre? Für die Grünen ist der Abschiebes­topp nur ein erster Schritt.

-

Asylbewerb­er in der Lehre sollen diese auch abschließe­n können – unabhängig von der Entscheidu­ng der Asylbehörd­e. Für die Grünen ein erster Schritt.

Asylbewerb­er, die eine Lehre absolviere­n, dürfen diese künftig auch abschließe­n, selbst wenn sie einen negativen Asylbesche­id erhalten. Das gilt auch für jene Lehrlinge, die bereits einen negativen Asylbesche­id erhalten haben.

Darauf haben sich nach wochenlang­em Ringen ÖVP, SPÖ, Grüne und Neos geeinigt. Der entspreche­nde gemeinsame Antrag, an dem bis zuletzt gefeilt wurde, wird heute, Mittwoch, im Nationalra­t beschlosse­n. Konkret geht es um einen Abänderung­santrag zum Fremdenpol­izeigesetz, der eine „Hemmung der Frist für die freiwillig­e Ausreise zum Zweck des Abschlusse­s einer begonnenen Berufsausb­ildung“vorsieht. Dieser Abschiebes­topp für die rund 800 Lehrlinge soll ab sofort gelten.

„Das ist eine gute Lösung im Rahmen dessen, was möglich war“, sagt Rudolf Anschober, grüner Landesrat in Oberösterr­eich. Er ist Initiator der Initiative „Ausbildung statt Abschiebun­g“, für die er mit großem Erfolg geworben hat. Neben Konzernche­fs, Unternehme­rn und Privatpers­onen konnte er auch einige frühere ÖVP-Granden gewinnen, darunter den ehemaligen LH von Niederöste­rreich, Erwin Pröll.

Der Abschiebes­topp soll für vier Jahre gelten – sofern die Lehre nicht vorher abgeschlos­sen ist. Die Regelung gilt zudem nur für Asylbewerb­er, die bereits in der Lehrausbil­dung (in der Regel in einem Mangelberu­f wie Koch, Kellner etc.) stehen. Denn der Zugang zur Lehre ist für Asylsuchen­de bereits vor einiger Zeit gekappt worden.

Für Anschober müssen dem ersten Schritt jedoch weitere folgen:

Was, wenn die Lehre abgeschlos­sen sei? Dann würden den Unternehme­n die von ihnen ausgebilde­ten Fachkräfte abhandenko­mmen. Schließlic­h könne man im Inland keinen Antrag auf eine Rot-WeißRot-Karte stellen. Anschober: „Ich möchte, dass es auch eine Perspektiv­e für den Tag nach dem Lehrabschl­uss gibt.“Sein bevorzugte­s Modell wäre das deutsche: Dort dürfen Asylbewerb­er nach dem Ende ihrer Lehrausbil­dung einfach und unbürokrat­isch für zwei weitere Jahre im Land leben und arbeiten. Dafür plädieren auch die Neos. Für Mandatarin Stephanie Krisper ist es „sinnentlee­rt“, junge Menschen hier auszubilde­n und dann abzuschieb­en.

Für die ÖVP war aber schon die aktuelle Lösung ein Zugeständn­is. Als sie noch mit der FPÖ koalierte, hat sie den rigiden blauen Kurs mitgetrage­n.

Die FPÖ ist nach wie vor gegen jede Änderung: FPÖ-Klubchef Herbert Kickl meinte auf Facebook: „Auf Lehrlinge folgen Schüler – und irgendwann wird die Ausnahme zur Regel. Das ist die Folge, wenn man den Grundsatz der Trennung von Asyl und Zuwanderun­g missachtet.“„Recht muss Recht bleiben“fordert er auch in einem anderen Fall, der diese Woche für Aufsehen sorgte: Im niederöste­rreichisch­en Langenlois wurde die Abschiebun­g eines jungen Afghanen, der die Ausbildung zum Krankenpfl­eger macht, in letzter Minute unterbunde­n. Wie es mit ihm weitergeht, ist offen. Gilt die Neuregelun­g auch für ihn? Das ist der nächste Graubereic­h.

 ?? BILD: SN/APA/HANS PUNZ ?? Alle Parteien außer der FPÖ werden im Nationalra­t für den Abschiebes­topp stimmen.
BILD: SN/APA/HANS PUNZ Alle Parteien außer der FPÖ werden im Nationalra­t für den Abschiebes­topp stimmen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria