„Viele Eltern wissen nicht, wie man mit einem Baby umgeht“
Ein Vater schüttelt sein drei Monate altes Kind. Der Bub wird schwerst verletzt. Generell nimmt die Zahl der kleinen Kinder zu, die Gewalt erleben. Auch weil die Erfahrung fehlt, so eine Expertin.
Der Vater sitzt in Untersuchungshaft und beteuere nach wie vor seine Unschuld, sagt die Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft, Nina Bussek. Sein drei Monate alter Sohn liegt immer noch auf der Intensivstation. Die Ärzte haben bei dem Baby schwere Gehirnschäden durch ein Schütteltrauma diagnostiziert. Es wurden ältere, vermutlich Wochen zurückliegende, aber auch frische Verletzungen am Gehirn festgestellt. Was genau passiert ist, ist noch nicht geklärt. Die Ermittlungen laufen.
Die 30 Jahre alte Mutter, gegen die ebenfalls ermittelt wird, hat angegeben, dass der 35-jährige Vater für eine gewisse Zeit allein auf das Kind aufgepasst habe. Sie hatte die Rettung gerufen, nachdem sie bei ihrem Kind ein überdurchschnittliches Schlafbedürfnis und unnatürliche Schreie bemerkt hatte. schwere Langzeitschäden, etwa Sehstörungen oder andere neurologische Ausfälle.
Es gibt aber in Österreich einen generellen Trend, dass kleine Kinder vermehrt Opfer von Gewalt werden. Das zeigt ein Blick in die Kriminalstatistik. Im Jahr 2018 werden 839 Mädchen und Buben bis zu einem Alter von fünf Jahren als Opfer von Gewaltverbrechen angeführt. Im Jahr 2008 waren es 254.
Wölfl sagt, dass Eltern oft zu Tätern würden, weil sie schlicht überfordert seien. Ein Grund dafür sei, dass Erwachsenen inzwischen oft das „Erfahrungswissen“fehle, wie man mit Babys richtig umgehe. „Viele sind Einzelkinder, die zuvor nie mit Kleinkindern konfrontiert worden sind“, sagt sie. Ihr Baby sei das erste, das sie im Arm hielten. Und dann seien sie in schwierigen Situationen hilflos, die es mit Babys und Kleinkindern des Öfteren gebe, etwa wenn diese schreien und sich nicht beruhigen lassen. Gerade deshalb sei es wichtig, dass sich Eltern vermehrt auf ihre Rolle vorbereiten und die entsprechenden Hilfsangebote annehmen. „Neben vielen Beratungsstellen gibt es auch die Möglichkeit, Unterstützung für den Alltag zu bekommen“, sagt Wölfl.
Bei dem Angebot der „Fremden Hilfen“würden Eltern etwa bis zum dritten Lebensjahr des Nachwuchses von Fachleuten im Haushalt und der Kindererziehung unterstützt. „Wenn man an seine Grenzen kommt, sollte man das Angebot unbedingt annehmen, bevor etwas passiert“, sagt Wölfl.