Von einem Frieden ist die Ostukraine noch immer weit entfernt
Das Treffen in Paris hat Präsident Putin aufgewertet. Aber konkrete Konzessionen im Ukraine-Konflikt hat er dafür nicht liefern müssen.
Immerhin reden die Konfliktparteien, die Ukrainer und die Russen, wieder miteinander. Das ist besser als nichts. Immerhin haben die Teilnehmer des Pariser Gipfeltreffens kleine Schritte zur Entschärfung des Konflikts in der Ostukraine vereinbart. Eine stabile Waffenruhe, deren Einhaltung von internationalen Beobachtern strikt kontrolliert wird, wäre für die Menschen in diesem Kriegsgebiet am Rande Europas tatsächlich eine Erleichterung.
Aber der Gipfel in Paris hat den politischen Kern des Ukraine-Konflikts gar nicht berührt. Die grundlegende Differenz zwischen Moskau und Kiew trat bei der abschließenden Pressekonferenz klar zutage.
Präsident Selenskyj vertrat mit Entschiedenheit den Standpunkt, dass die Einheit der Ukraine erhalten bleiben und das Land die Kontrolle über alle Teile seines Territoriums erlangen müsse. Diese Ansprache war an die ukrainische Bevölkerung gerichtet, die zerrissen ist zwischen jenen, die vor einer „Kapitulation“vor Moskau warnen, und jenen, die um des Friedens willen zu Zugeständnissen bereit sind.
Präsident Putin weiß um diese Gefühlslage der Ukraine und will die Polarisierung im Nachbarland nach Kräften verschärfen, vor allem mit der anhaltenden Unterstützung prorussischer Separatisten im Osten. Der Kremlchef machte in Paris deutlich, dass er gar nicht daran denkt, jene Fakten zu revidieren, die er vor fünf Jahren mit Gewalt und wider das Völkerrecht in der Ostukraine geschaffen hat.
Die Körpersprache der Gipfelteilnehmer sandte klare Signale aus: Selenskyj hat keine politische Erfahrung, ist aber kein Amateur. Er ist friedenswillig, aber auch ein Verfechter ukrainischer Interessen. Unterstützt wird er, wie das aufmunternde Lächeln von Emmanuel Macron und Angela Merkel bei der Pressekonferenz anzeigt, von den Vermittlern Frankreich und Deutschland. Präsident Putin tritt als abgebrühter Politprofi auf. Er weiß, dass er alle strategischen Trümpfe in der Hand hält.
Denn das Minsker Abkommen von 2015 legt erstens für die abtrünnigen Gebiete im Osten eine weitgehende Autonomie innerhalb der Ukraine fest. Und es bestimmt zweitens, dass die Regierung in Kiew dann wieder die Kontrolle über diese Gebiete erlangt, wenn dort Regionalwahlen stattgefunden haben.
Das erklärt, dass Putin auf Zeit spielt. Und es lässt befürchten, dass perspektivisch die Ostukraine nach Putins Plänen ein weiterer eingefrorener Konflikt in Russlands Nachbarschaft sein soll, der sich nach Belieben wieder anfachen lässt. So bleibt die Ukraine dauerhaft im Krisenmodus und büßt alle Chancen ein, Mitglied von EU und NATO zu werden.
Das dürftige Ergebnis des Pariser Gipfels ist ein Dämpfer für Präsident Macron, der neuerdings an einer Annäherung an Moskau arbeitet. Das Bemühen um ein konstruktiveres Verhältnis zwischen Russland und dem Westen ist richtig, führt aber nur zum Erfolg, wenn sich auch die Haltung auf der anderen Seite ändert.