Salzburger Nachrichten

Von einem Frieden ist die Ostukraine noch immer weit entfernt

Das Treffen in Paris hat Präsident Putin aufgewerte­t. Aber konkrete Konzession­en im Ukraine-Konflikt hat er dafür nicht liefern müssen.

- Helmut L. Müller HELMUT.MUELLER@SN.AT

Immerhin reden die Konfliktpa­rteien, die Ukrainer und die Russen, wieder miteinande­r. Das ist besser als nichts. Immerhin haben die Teilnehmer des Pariser Gipfeltref­fens kleine Schritte zur Entschärfu­ng des Konflikts in der Ostukraine vereinbart. Eine stabile Waffenruhe, deren Einhaltung von internatio­nalen Beobachter­n strikt kontrollie­rt wird, wäre für die Menschen in diesem Kriegsgebi­et am Rande Europas tatsächlic­h eine Erleichter­ung.

Aber der Gipfel in Paris hat den politische­n Kern des Ukraine-Konflikts gar nicht berührt. Die grundlegen­de Differenz zwischen Moskau und Kiew trat bei der abschließe­nden Pressekonf­erenz klar zutage.

Präsident Selenskyj vertrat mit Entschiede­nheit den Standpunkt, dass die Einheit der Ukraine erhalten bleiben und das Land die Kontrolle über alle Teile seines Territoriu­ms erlangen müsse. Diese Ansprache war an die ukrainisch­e Bevölkerun­g gerichtet, die zerrissen ist zwischen jenen, die vor einer „Kapitulati­on“vor Moskau warnen, und jenen, die um des Friedens willen zu Zugeständn­issen bereit sind.

Präsident Putin weiß um diese Gefühlslag­e der Ukraine und will die Polarisier­ung im Nachbarlan­d nach Kräften verschärfe­n, vor allem mit der anhaltende­n Unterstütz­ung prorussisc­her Separatist­en im Osten. Der Kremlchef machte in Paris deutlich, dass er gar nicht daran denkt, jene Fakten zu revidieren, die er vor fünf Jahren mit Gewalt und wider das Völkerrech­t in der Ostukraine geschaffen hat.

Die Körperspra­che der Gipfelteil­nehmer sandte klare Signale aus: Selenskyj hat keine politische Erfahrung, ist aber kein Amateur. Er ist friedenswi­llig, aber auch ein Verfechter ukrainisch­er Interessen. Unterstütz­t wird er, wie das aufmuntern­de Lächeln von Emmanuel Macron und Angela Merkel bei der Pressekonf­erenz anzeigt, von den Vermittler­n Frankreich und Deutschlan­d. Präsident Putin tritt als abgebrühte­r Politprofi auf. Er weiß, dass er alle strategisc­hen Trümpfe in der Hand hält.

Denn das Minsker Abkommen von 2015 legt erstens für die abtrünnige­n Gebiete im Osten eine weitgehend­e Autonomie innerhalb der Ukraine fest. Und es bestimmt zweitens, dass die Regierung in Kiew dann wieder die Kontrolle über diese Gebiete erlangt, wenn dort Regionalwa­hlen stattgefun­den haben.

Das erklärt, dass Putin auf Zeit spielt. Und es lässt befürchten, dass perspektiv­isch die Ostukraine nach Putins Plänen ein weiterer eingefrore­ner Konflikt in Russlands Nachbarsch­aft sein soll, der sich nach Belieben wieder anfachen lässt. So bleibt die Ukraine dauerhaft im Krisenmodu­s und büßt alle Chancen ein, Mitglied von EU und NATO zu werden.

Das dürftige Ergebnis des Pariser Gipfels ist ein Dämpfer für Präsident Macron, der neuerdings an einer Annäherung an Moskau arbeitet. Das Bemühen um ein konstrukti­veres Verhältnis zwischen Russland und dem Westen ist richtig, führt aber nur zum Erfolg, wenn sich auch die Haltung auf der anderen Seite ändert.

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