Zwischen zwei Übeln wählen
Kurz vor der Abstimmung taucht das Szenario auf, dass nach es nach der britischen Parlamentswahl keine klare Mehrheit im Unterhaus geben könnte. Das ist die abschreckende Aussicht, dass sich das ganze Gewürge um den Brexit, der seit drei Jahren das Land und Europa nervt, fortsetzt.
Aber auch wenn die wahrscheinlichere Variante eintritt und Premier Boris Johnson eine absolute Mehrheit bekommt, muss das kein Glück für das Land sein. Denn er hat die Reihen der Tories inzwischen mit radikalen Brexiteers aufgefüllt. Gemäßigte Stimmen sind draußen. Wehe aber, wenn einer wie Johnson „durchregieren“kann...
Ohnedies hat auch dieser Wahlkampf die tiefe politische Krise Großbritanniens gespiegelt. Von einem produktiven Disput, der auf einem Austausch der Argumente beruht, kann keine Rede sein. Populärpopulistisch hat sich Johnson vor allem als volksnaher Macher inszeniert. Doch das deckt nicht zu, dass er demagogisch ist. Johnson tut so, als ließe sich der Austritt aus der EU im Handumdrehen erledigen; als ginge es dabei nicht um eine komplizierte, kostspielige Angelegenheit. Labour-Chef Jeremy Corbyn wiederum ist selbst in der Brexit-Frage innerlich gespalten und schwächt schon damit die Opposition. Er tischt obendrein radikale sozialpolitische Forderungen auf, die Mitte-Wähler bloß verschrecken.
Weder der eine noch der andere ist Vertreter einer seriösen Politik, die das Vereinigte Königreich dringender denn je braucht.