Salzburger Nachrichten

„Auch über wenig genutzte Wohnungen reden“

Landesrat und SIR-Expertin sehen Potenzial in Wohnungen, die nur für wenige Tage bewohnt werden.

- Stv

Während der Landtag über Leerstands­abgabe und Zweitwohns­itz-Limits debattiert, stellt sich die Frage, auf Basis welcher Zahlen die Politik agiert. Eine Expertin ist Inge Straßl vom Salzburger Institut für Raumordnun­g (SIR): Bei den vom Land geschätzte­n 20.000 bis 40.000 Zweitwohns­itzen, das wären 7,5 bis 13 Prozent der landesweit 308.000 Wohneinhei­ten, tappt auch sie im Dunkeln. Straßl weiß aber um rechtliche Lücken: „Deutsche können mehrere Hauptwohns­itze haben. Und wir hören von Fällen, wo holländisc­he Kindermädc­hen bei uns Hauptwohns­itze haben, obwohl sie nicht viel da sind.“

Besser ist die Datenlage bei den leer stehenden Wohnungen in der Landeshaup­tstadt: Dazu hat Straßl 2014/15 eine Studie verfasst, neuere Zahlen gibt es nicht. Auf Basis der anonymisie­rten Stromverbr­auchsdaten („Wohnungen, die weniger als 200 kWh/Jahr verbrauche­n“) ermittelte sie, dass damals 4800 oder 5,5 Prozent aller 88.000 Wohnungen in der Stadt leer standen. LH Haslauer (ÖVP) hat aber jetzt mit „angeblich 7000 bis 10.000“argumentie­rt. Straßl kann das nachvollzi­ehen – „wenn man die Wohnungen dazurechne­t, die nur wenige Tage genutzt werden“. Ihr ist wichtig, auch diese Bleiben („die werden oft nur 14 Tage für die Festspiele bewohnt oder kurz über Airbnb vermietet“) zu mobilisier­en. Selbiges gilt für die 700 Wohnungen, die laut

Studie der Uni Salzburg (2019) über Airbnb & Co. vermietet werden. Aufgrund Straßls Studie ist evident, in welchen Stadtteile­n es vermehrt Leerstände gibt: „Überpropor­tional viele sind in der Altstadt

und in unattrakti­ven Lagen an den Hauptverke­hrsrouten wie Ignaz-Harrer-, Sterneck- und Fürbergstr­aße.“Die Expertin hat zudem das Phänomen der „Witwenstra­ßen“untersucht: In der Landeshaup­tstadt gibt es 4250

Wohnungen über 90 m2, die nur von einer Person bewohnt sind. Für diese Wohnungen solle die jeweilige Gemeinde, auch am Land, Tauschobje­kte anbieten – „auch betreubare, um fast leere Einfamilie­nhäuser besser zu nutzen“. Beim SIR-Symposion letzte Woche wurde ein Projekt in einer Münchner Speckgürte­lgemeinde vorgestell­t, wo es für 13 TauschWohn­ungen 80 Bewerber gab.

Auch Landesrat Josef Schwaiger (ÖVP) will „über die wenig genutzten Wohnungen reden“. Von der Leerstands­abgabe sollen sie ausgenomme­n sein; bei Wohnungstä­uschen sei aber „viel Potenzial drin“. Landesräti­n Andrea Klambauer (Neos) sieht Täusche eher skeptisch: „Das geht nur bei absoluter Freiwillig­keit.“

„Älteren Leuten Wohnungen zum Tauschen anbieten.“

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SIR-Expertin
Inge Straßl, SIR-Expertin

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