Pongauer krempelt Welt der Anwälte um
Der Informatiker Philipp Thurner vernetzt mit seiner Firma Anwälte. Sein Büro ist in Australien, Kunden hat er bereits in 87 Ländern.
WAGRAIN, SYDNEY. Philipp Thurner (32) ist kein Zauderer. Als er vor acht Jahren in Salzburg eine Australierin kennenlernte, zog er sechs Wochen später kurzerhand mit ihr nach Sydney. Dort kam der studierte Informatiker erstmals mit der Anwaltsbranche in
Kontakt, mehr oder weniger zufällig. „Ich wollte eigentlich nur einmal in einem Hochhaus arbeiten“, schmunzelt er, „in Wagrain gibt es davon ja keine.“Ein Job in einer Anwaltskanzlei war frei, Thurner bezog ein Büro hoch oben und fing an.
Zuständig für den Bereich Digitalisierung und Innovation, ortete er großen Nachholbedarf. Nicht nur für seine Firma, sondern für den gesamten Berufsstand. „Da funktioniert vieles noch wie in den 90ern.“Der Pongauer machte sich selbstständig als Berater internationaler Anwälte in Innovationsfragen. „Aber das hat mir nicht gefallen.“Thurner machte den nächsten Schritt und gründete ein Start-up.
Die Internetplattform „Nexl“vernetzt seit einem halben Jahr Anwälte auf der ganzen Welt miteinander. „Es funktioniert im Prinzip wie Facebook oder LinkedIn, optimiert für Anwälte“, sagt Thurner. Auch ein bisschen was von einer Dating-Plattform sei dabei. „Wir stellen aber keine romantischen Beziehungen her, sondern Geschäftsbeziehungen. Bisher rund 4000.“
Das Programm erkenne genau, welche Nutzer zusammenpassten. Durch die Vernetzung sollen vor allem kleinere Firmen die Möglichkeit bekommen, grenzübergreifende Fälle zu übernehmen. Das sei bisher ein weitgehendes Privileg großer Kanzleien, sagt der Wagrainer, der zehn Mitarbeiter beschäftigt und in der ersten Investorenrunde bereits eine Million australische Dollar an Land gezogen hat.
Nach sechs Monaten nutzten 400 Firmen und 9000 Anwälte in 87 Ländern „Nexl“, die Kurve zeige stark nach oben. 79 Dollar pro Monat kostet das Abo. „Relativ wenig“, sagt Thurner. „Ein durchschnittlicher Auftrag über unsere Plattform bringt 25.000 Dollar aufwärts.“Weiteres Wachstum soll das neue Büro in New York bringen: „In Australien gibt es 80.000 Anwälte, in den USA 8,3 Millionen.“Juristen aus Österreich seien auch schon an Bord.
In den Pongau schafft es der Firmengründer nur noch selten, jedes zweite Jahr, wie er sagt. „Mein Deutsch leidet schon sehr.“Tatsächlich vermischen sich deutsche und englische Worte immer wieder.
Mit der Frau, die ihn zum Auswandern bewog, ist Philipp Thurner nicht mehr liiert. Es folgte eine neue Beziehung. „Seit heuer sind wir verheiratet.“