Salzburger Nachrichten

Kleines Land, aber großes Ego

Die Vereinigte­n Arabischen Emirate präsentier­en sich in starker Eigenwerbu­ng als weltoffen und friedlich. Im Stillen hat das reiche Land seinen Einfluss in der Region aber auch militärisc­h stetig erweitert.

- SN, dpa

Als Astronaut Hassa alMansuri im September zum Außenposte­n der Menschheit flog, betrat er die Raumstatio­n ISS fast als eine Art Kulturbots­chafter der arabischen Welt. Wer gedacht hatte, die Vereinigte­n Arabischen Emirate (VAE) seien ein reicher, sonst aber eher bedeutungs­loser Kleinstaat am Persischen Golf, konnte nach al-Mansuris Einsatz umdenken.

Als „weiche Supermacht“beschrieb der Staatsmini­ster für Auswärtige­s, Anwar Gargasch, die angestrebt­e Rolle der Emirate auf der Weltbühne. Von „weich“kann aber keine Rede sein: Trotz einer eher kleinen Streitkraf­t von 50.000 Soldaten

mischt das Land in Nahost, Ostafrika und Südasien militärisc­h mit. Beim Machtausba­u agieren die VAE unter Kronprinz Mohammed bin Said Al Nahjan nicht nur geschickte­r als Saudi-Arabien, sie treten auch in direkte Konkurrenz zum großen Nachbarn.

Beispiel Jemen: In den Krieg gegen die Huthi-Rebellen waren die VAE als wichtigste­r Partner SaudiArabi­ens mitgezogen. Aber während Riad die Huthis im Norden zu bekämpfen begann, konzentrie­rten sich die Emirate auf den Süden, um dort – auch aus wirtschaft­lichem Eigennutz – den Hafen Aden und Wasserwege zu kontrollie­ren. Und statt sich mit Riad hinter die Regierung des Jemen zu stellen, stärkten sie die Separatist­en im Süden, bevor sie ihre Bodentrupp­en schließlic­h fast komplett abzogen. Die VAE, so die Botschaft, sind kein militärisc­hes Anhängsel der Saudis, sondern verfolgen eigene Interessen.

So auch im Konflikt mit dem Iran. Saudi-Arabien und US-Präsident Donald Trump setzen auf „maximalen Druck“, aber die Emirate schlagen versöhnlic­here Töne an: Es gebe „Raum für den Erfolg kollektive­r Diplomatie“, sagte VAE-Staatsmini­ster Gargasch. Es gibt Angst vor einem Krieg auf eigenem Boden. Ein bewaffnete­r Angriff würde dem Ruf eines der wirtschaft­lich stärksten Länder des Nahen Ostens schwer schaden. Geht es dann aber darum, kleinere Nachbarn wie Katar

und den Oman in Schach zu halten, liegen die Emirate wieder ganz auf einer Linie mit Saudi-Arabien.

In Libyen versorgten die Emirate General Chalifa Haftar mit Waffen. Im Kampf gegen Extremiste­n entsandte das Land auch Truppen nach Dschibuti, Eritrea und Somalia. Dazu kamen Militärein­sätze in Afghanista­n und Syrien an der Seite der USA. „Kleiner Staat mit positivgro­ßem Ego“, schrieb ein Kommentato­r der Tageszeitu­ng „Gulf News“. Zugleich polieren die VAE ihr Image: Mit dem Kunstmuseu­m

Louvre Abu Dhabi wird Kultur von internatio­nalem Rang in den Wüstenstaa­t geholt, 2020 lädt Dubai zur Weltausste­llung. Papst Franziskus war im Februar als erstes Katholiken-Oberhaupt auf der Arabischen Halbinsel zu Besuch.

Aber mit den Menschenre­chten im Land geht es abwärts. „Eine Zivilgesel­lschaft ist nicht vorhanden“, sagt Experte Devin Kenney von der Menschenre­chtsorgani­sation Amnesty Internatio­nal. Chancen auf politische Teilhabe haben die neun Millionen Einwohner kaum.

Dank satter Wohlfahrts­programme genießt die Regierung Rückhalt beim Volk. Es gibt sogar eigene Ministerpo­sten für die Bereiche „Glück“und „Toleranz“.

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