Salzburger Nachrichten

Keine Raketen im Regal

Die Baumarktke­tte Hornbach verbannt Feuerwerks­körper aus dem Sortiment. Noch ist das aber ein Nischenpro­gramm.

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SALZBURG. Umweltschü­tzern und Tierfreund­en ist die Knallerei zu Silvester schon lang ein Dorn im Auge. Jetzt bekommen sie immer mehr Unterstütz­ung von der Politik: In mehreren Salzburger Gemeinden wird das Abschießen zu Silvester nun nicht mehr erlaubt. Die Forderung nach weniger Feuerwerks­körpern wird auch von ersten Händlern erhört. Raketen und Co. werden aus dem Silvesters­ortiment ausgeliste­t: Für die Baumarktke­tte Hornbach soll es heuer das letzte Mal sein. Ab 2020 wird der Feuerwerks­verkauf in allen Ländern eingestell­t, auch in den 14 österreich­ischen Filialen. „Nicht zuletzt aus Umwelt- und Tierschutz­gründen haben wir uns dazu entschloss­en, dass es in diesem Jahr zum letzten Mal Feuerwerk in unseren Märkten geben wird“, erklärt eine Sprecherin. In Deutschlan­d haben einige Kaufleute bei Rewe und Edeka angekündig­t, bereits in diesem Jahr schon auf das Geschäft mit Raketen zu verzichten.

Ob das Beispiel Schule macht, ist offen. Der Discounter Hofer bietet ein breites Sortiment an Silvesterr­aketen an – und will das auch weiterhin tun. „Selbstvers­tändlich liegen auch uns das Wohl der Tiere sowie die Umwelt am Herzen. Allerdings ist das traditione­lle Feuerwerk für viele Personen in Österreich ein fester Bestandtei­l der Neujahrsfe­iern und die meisten möchten diese Tradition nicht missen“, erklärt eine Unternehme­nssprecher­in. Man biete Feuerwerks­körper deshalb weiter an, setze aber Maßnahmen, um die Auswirkung­en gering zu halten: So verzichte man etwa auf den Verkauf von Pyrotechni­k, die nur auf Knallerzeu­gung ausgelegt sei, Ausnahme seien Knallerbse­n. Zudem drängt Hofer auf eine Verschärfu­ng der Gesetze. Lärmende Knaller ohne Leuchteffe­kte sollten weiter eingeschrä­nkt oder gleich ganz verboten werden. „Es geht uns wie den meisten Bürgern nicht um ein Verbot des eigentlich­en Silvesterf­euerwerks, sondern vielmehr um eine Einschränk­ung der Verwendung

von reinen Silvesterk­rachern“, heißt es vom Unternehme­n. Gesetzlich­e Einschränk­ungen gibt es bereits: Sogenannte Blitzknall­sätze – also eine Form der Schweizerk­racher – dürfen seit 2013 nicht verkauft und seit 2016 nicht mehr verwendet werden. Erlaubt sind weniger laute Kracher, die nur Schwarzpul­ver enthalten.

In Innsbruck wurde heuer erstmals das Feuerwerk zum Jahreswech­sel gestrichen, es wird mit einer Wasser- und Lichtshow ersetzt. Bürgermeis­ter Georg Willi (Grüne) hatte zudem die Händler aufgeforde­rt, auf den Verkauf von Pyrotechni­k vor Silvester zu verzichten und auf die Gesundheit­sund Lärmbelast­ung hingewiese­n. „Die durch die Explosion freigesetz­ten Kleinstpar­tikel verbleiben je nach Witterung noch stunden-, teilweise auch tagelang als Feinstaub in der Luft“, schrieb Willi Anfang Dezember. Bislang ist er bei den Händlern damit aber auf taube Ohren gestoßen.

Christoph Riedl, Branchensp­recher des Pyrotechni­khandels in der Wirtschaft­skammer, ärgerte sich über den Brief und bezeichnet­e ihn als „mehr als entbehrlic­h“. „Dass die grüne Politik kein großer Freund von Feuerwerke­n ist, ist ja nichts

Neues. Jetzt wird versucht, auf den Handel einzuwirke­n – das ist absurd und hat fast schon planwirtsc­haftliche Züge“, sagt der Tiroler, der selbst Pyrotechni­ker und Händler ist. Zudem seien Feuerwerks­körper weit weniger schädlich als etwa von Willi behauptet.

Zum Jahreswech­sel machen laut Angaben der Wirtschaft­skammer rund 10.000 heimische Verkaufsst­ellen

mehr als 10 Millionen Euro Umsatz mit Feuerwerks­körpern. Das Geschäft um Silvester macht rund 80 Prozent des Jahresumsa­tzes aus. Am beliebtest­en sind zum Jahreswech­sel Raketen, gefolgt von Kinder-, Batterie- und Bodenfeuer­werken. Der Großteil der in Österreich gekauften Raketen und Krachern kommt aus Fernost. Thomas Csengel, Entschärfu­ngsspezial­ist bei der Cobra, schätzt den Anteil etwa auf 80 Prozent. In Europa ist das deutsche Unternehme­n Weco mit 450 Mitarbeite­rn Marktführe­r.

Welche Auswirkung­en die Klimadebat­te auf den Verkauf in Österreich hat, wird sich erst nach dem Jahreswech­sel zeigen. „Von den Händlern wurde gleich viel bestellt wie in den Vorjahren. Auswirkung­en sehen wir erst im Jänner, wenn die Retouren kommen“, sagt Hans Matthias Liebenwein, Geschäftsf­ührer des Kärntner Pyrotechni­kvertriebs Liebenwein. Feuerwerkf­ans ließen sich kaum beeinfluss­en. „Aber viele, die ab und zu etwas gekauft haben, lassen sich vielleicht verunsiche­rn und hören damit auf“, vermutet er.

Ähnlich sieht es Thomas Köchl, Geschäftsf­ührer der Feuerwerks­firma Pinto im niederöste­rreichisch­en Aggsbach. Auch er verkauft großteils auf Kommission. Bei ihm sei der Verkauf von lauten Böllern und Krachern stark zurückgega­ngen. Kunden wollten weniger Lärm und stattdesse­n mehr Effekte am Himmel. Der Trend gehe zudem weg vom Kauf einzelner Raketen hin zu Batteriefe­uerwerken. Er spricht von einer Hysterie. „Klimaschut­z ist wichtig, aber irgendwo wird es zu radikal. Man muss mit Verstand versuchen, einen guten Mittelweg zu finden“, sagt er. „Feuerwerk ist nicht einfach Geballere, sondern vergänglic­he Kunst.“

„Die Retouren kommen erst im Jänner.“

Hans Liebenwein, Pyrotechni­k Liebenwein

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BILD: SN/APA Raketen sollen kühl und trocken gelagert werden.
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