Lange Zittern vor dem Sieg
Der Nebel war der härteste Gegner von Vincent Kriechmayr – erst nach stundenlanger Unterbrechung stand sein Super-G-Sieg fest.
Im Endeffekt war es ein Ergebnis, das es in der Art auch bei strahlendem Sonnenschein und den üblichen knackigen Minusgraden auf der Saslong hätte geben können: Vincent Kriechmayr gewann mit fünf Hundertstelsekunden Vorsprung vor dem norwegischen Topfavoriten Kjetil Jansrud und dem Deutschen Thomas Dreßen den Super G.
Doch alles andere passte an diesem Tag bestenfalls zu den vielen Kuriositäten, die es auf der Traditionsstrecke in den Dolomiten schon gegeben hat. Bereits nach vier Läufern wurde erstmals wegen Nebels unterbrochen, 47 Minuten später ging es mit Dominik Paris (5.) weiter. Nach Nummer 20 war vorerst wieder Schluss – doch diesmal dauerte die Unterbrechung nicht weniger als 1:35 Stunden, bis Christoph Krenn mit Nummer 21 ins Rennen gehen konnte.
Zu diesem Zeitpunkt saß der Oberösterreicher Vincent Kriechmayr schon längst auf dem roten Stuhl des Führenden – doch er konnte sich weder freuen und schon gar nicht jubeln, stattdessen musste er auf die Launen des Wetters und das Urteil der Jury vertrauen: Denn so lange nicht die ersten 30 Läufer aus dem Starthaus gegangen sind, wird das Rennen reglementgemäß nicht gewertet. Und so war es erst wenige Minuten vor 15 Uhr – mehr als drei Stunden nach dem Start – klar, dass der Sieger doch Vincent Kriechmayr heißen sollte.
„Heute sind auf alle Fälle ein paar graue Haare dazugekommen“, meinte der Oberösterreicher danach lächelnd – und er wusste auch, bei wem er sich zu bedanken hatte. „Ein großes Lob an die Jury, die um das Rennen gekämpft hat. Aber so etwas habe ich noch nie erlebt“, meinte Kriechmayr, der damit seine starke Frühform erneut unter Beweis gestellt hat.
Aber auch der Großteil des Feldes hat so etwas vermutlich noch nie erlebt: Weil ohnedies schon vom Reservestart aus gestartet worden ist, gab es keine Hütte zum Aufwärmen – der Steirer Stefan Babinsky wartete unglaubliche drei Stunden am Start im Rennanzug, bis er an der Reihe war, und hat dennoch seine Chance genutzt: Bei seinem erst dritten Weltcupstart fuhr er bei mehr als grenzwertigen Sichtbedingungen und einsetzendem Regen auf Rang 20. „Es war alles perfekt, die Piste war erstaunlich gut, ein gutes Rennen.“Daran sieht man, dass auch der Erfolg die Sichtweise auf die Dinge ändern kann. Um 15.35 Uhr wurde das Rennen dann nach 48 Läufern abgebrochen. Auch das war hauchdünn regelkonform nach exakt 3:50 Stunden – und ein Speedbewerb darf laut IWO nicht länger als vier Stunden dauern.
Einen Erfolg gab es auch für Hannes Reichelt. Der 39-jährige Radstädter hatte nach einer schwierigen US-Tour seit Wochenbeginn mit Durchfall zu kämpfen. „Ich war mit den Kräften ziemlich am Ende, auf den Ciaslat-Wiesen war mir von den vielen Schlägen zwischendurch richtig schlecht.“Dennoch reichte es zu Rang sechs. Matthias Mayer übersah auf Ciaslat eine Welle, das kostete ihn ein mögliches Podest.
Stichwort Abfahrt: Die wurde am Freitag erst bei Dunkelheit nach den festgelegten GPS-Daten ausgeflaggt. Dass der Rennmarathon keine gute Vorbereitung für die Elite für den heutigen Klassiker (11.45) war, das ist auch klar. Am Ende waren aber alle glücklich, dass der Tag vorbei war. „Und ich bin der Letzte, der sich heute über die Ereignisse beklagt“, meinte Kriechmayr.
Das darf er wirklich nicht.