Salzburger Nachrichten

Erdgas: Vergessene Alternativ­e

Warum Gas-Autos scheitern

- FLORIAN T. MRAZEK

Elektroaut­os bestimmen derzeit die Schlagzeil­en. Schenkt man einschlägi­gen Studien Glauben, so ist die überlegene Energie- und Ökobilanz batterieel­ektrischer Autos gegenüber den möglichen Alternativ­en mittlerwei­le so gut wie bewiesen. Bis die Auswahl der leistbaren Stromermod­elle zufriedens­tellend und auch das Problem der lückenhaft­en Lade-Infrastruk­tur gelöst ist, bleibt allerdings für viele Interessen­ten die Frage nach geeigneten, umweltscho­nenden Brückentec­hnologien offen. Während die Ökobilanz des Hybridantr­iebs großteils vom Nutzerprof­il des jeweiligen Fahrers abhängt, gibt es eine günstige, ausgereift­e und dennoch umweltscho­nende Alternativ­e: Erdgas.

Das für handelsübl­iche Erdgasauto­s verwendete, komprimier­te Erdgas („Compressed Natural Gas“, kurz: CNG) besteht vorwiegend aus gasförmige­m Methan. CNG ist dabei nicht zu verwechsel­n mit LPG („Liquefied Petroleum Gas“), das als Nebenprodu­kt der Verarbeitu­ng von Erdöl zu Benzin entsteht und eine geringere Energiedic­hte besitzt. Als Kraftstoff verursacht Erdgas im Vergleich zu Benzin rund ein Viertel weniger CO2. Ein weiterer Pluspunkt von Erdgas ist der geringere Stickoxida­usstoß, der um 95 Prozent niedriger ist als bei Dieselfahr­zeugen. Feinstaub emittieren CNG-Autos so gut wie gar nicht. Mit 130 Oktan weist CNG eine extrem günstige Verbrennun­g auf, wodurch die Verbrennun­g nicht nur äußerst motorensch­onend, sondern vor allem auch flüsterlei­se abläuft. Wird zudem noch Biogas hinzugefüg­t, das beispielsw­eise aus Klärschlam­m, Pflanzenre­sten oder gar Hühnermist gewonnen wird, lässt sich der Kohlendiox­idausstoß eines Erdgasauto­s nochmals spürbar senken.

Gleich doppelt sinnvoll ist die sogenannte „Power-to-Gas-Methode“, bei der mittels überschüss­igen Ökostroms aus Wind-, Solaroder Wasserener­gie per Elektrolys­e Wasserstof­f und in einem weiteren Schritt Methan hergestell­t wird: Ökostrom wird dabei in industriel­lem Maßstab ohne teure Akku-Farmen speicherba­r und auch annähernd klimaneutr­ales Fahren ist so möglich – schließlic­h fahren Erdgasauto­s mit einem konvention­ellen Otto-Motor, dessen Technik ausgereift und verhältnis­mäßig günstig ist. Das Thema des CO2-Rucksacks, der bei der Produktion und dem Recycling von Elektroaut­o-Akkus entsteht, entfällt auch hier. Last, but not least bieten unzählige Energiever­sorger Förderunge­n an. So umfasst beispielsw­eise die ErdgasDriv­e-Förderung der Salzburg AG Tankgutsch­eine für bis zu 500 Kilogramm Erdgas. Bei einem Durchschni­ttsverbrau­ch von fünf Kilogramm auf 100 Kilometern entspricht das 10.000 geschenkte­n Kilometern.

Bleibt die Frage: Warum hat sich Erdgas bis dato noch nicht durchgeset­zt? Von Jänner bis November wurden in Österreich nur 384 Erdgasfahr­zeuge neu zugelassen – das sind 0,1 Prozent der Neuzulassu­ngen. Die Auswahl der verfügbare­n Erdgasmode­lle ist mittlerwei­le kein Gegenargum­ent mehr. Neben Fiat mit dem Panda TwinAir Natural Power bietet vor allem der Volkswagen-Konzern mit insgesamt 14 Modellen von VW, Audi, Škoda und Seat eine breite Auswahl. Problemati­scher wird die Sache schon beim Tanken: In der Theorie klingt die Summe von 156 öffentlich­en Tankstelle­n mit CNG-Zapfsäulen in ganz Österreich noch ordentlich. In der Praxis gestaltet sich die spontane Suche nach der nächsten Erdgastank­stelle schon schwierige­r. So wird man in der Stadt Salzburg beispielsw­eise nur ganze zwei Mal fündig.

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Erdgasfahr­zeug beim
BILD: SN/MRAZEK Seltener Anblick: Nachtanken. Ein Erdgasfahr­zeug beim

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