DIE ILLUSTRIERTE KOLUMNE
„Land der Nehmer, Land der Geber, vielbeschenktes Österreich“, lautet eine der inoffiziellen Liedzeilen der Bundeshymne. Wie so oft in landesspezifischen Angelegenheiten kann auch hier die Satire Wirkliches besser abbilden als der Pathos des Ernstes. Österreich ist dem Geschenk und seinen vielfältigen Formen zugetan wie kaum eine andere Nation (Italien vielleicht ausgenommen).
Das neue Jahr bringt Vorsätze, der Osterhase Eiweißhältiges, der Nikolo Kariesproduktives. Geburtstage, Namenstage und runde Dienstjubiläen sind Individualtermine, Zuneigung zu zeigen und Präsentwürdigkeit darzustellen. Hochzeiten, Taufen und Firmungen, Mutter-, Vater- und Valentinstage (und neuerdings das Gruselfest Halloween) sind zusätzliche Gelegenheiten, die Tugend des Gebens zu festigen. Eigene Bande (meist goldene) werden geknüpft zwischen Paten und Patenkindern, Göden und Firmlingen. Verheiratete beschenken einander gegenseitig (wenn denn die Kalender-App nicht darauf vergisst).
Landesübliche Geschenkformen für unterwegs und zwischendurch sind Trink- und Schmiergeld, die weiterverrechnete Spese, die Bonuszahlung und die Gewinnausschüttung. Berüchtigt ist das Wahlzuckerl, beliebt die Spende, verdammt der Zuschuss, heilig der Obolus, traurig das Scherflein. Als zentraler Kulminationspunkt des Schenkens und des Beschenktwerdens aber gilt Weihnachten, das Fest der Liebe, der Einkehr und der frohlockenden Gesänge. Es ist der jährliche Kalendergipfel, anderen Verpacktes zukommen zu lassen.
Vergessen wir nicht, wie das alles finanziert wird: Mit dem Weihnachtsgeld. Dem wichtigsten Geschenk von allen.