„Ich hoffe auf eine weitere Erweckung beim Landeshauptmann“
Der grüne Landesvize sieht Türkis-Grün in Wien auf der Zielgeraden, legt sich gegen den Ausbau von Einkaufszentren quer und hofft auf ein weiteres Aha-Erlebnis bei der ÖVP – diesmal bei Windrädern.
SN: Wie weit sind wir von einer türkis-grünen Bundesregierung entfernt?
Heinrich Schellhorn: Mein Eindruck ist, dass wir in der Zielgeraden sind. Es gibt schon noch größere Brocken zu heben und es ist nicht ausgeschlossen, dass es noch scheitert, aber die Chance überwiegt, dass es zu einer Regierung kommt. Spätestens zu Mariä Lichtmess am 2. Februar muss es fertig sein, denn dort wechseln ja immer die Knechte und Mägde.
SN: Wird Astrid Rössler Ministerin?
Astrid kommt dafür immer infrage. Aber das überlasse ich Werner Kogler, er hat das Vorschlagsrecht. Und es gibt ja auch im grünen Klub genug zu tun.
SN: Und wie lösen Sie die Insektenfrage mit der ÖVP? Oder kam der Vorschlag, das Licht in Fußballstadien eine Stunde früher abzudrehen, gar von Ihnen?
(lacht) Ich glaube nicht, dass das im Koalitionsvertrag Niederschlag finden wird. Lichtverschmutzung ist sicher ein Thema, aber nicht das zentralste.
SN: Zurück nach Salzburg: Unter Rössler gab es Leuchtturmprojekte wie Tempo 80, das Nein zum Ausbau von Einkaufszentren, die Raumordnung. Wo setzen Sie Akzente?
Ich bin zuständig für Klima, Energie, Soziales und Kultur und ich will überall Akzente setzen. Vorrangig ist der Klimaschutz, aber auch die Pflege. Ich habe gerade einen Beschluss unterschrieben, der drei Millionen Euro mehr für die mobile Pflege sichert und das Personal besser bezahlt. Im Klimaschutz arbeiten wir unter meiner Leitung am Masterplan 2030, wo wir Maßnahmen fixieren, vom Verkehr bis zu den Gebäuden und der Landwirtschaft. Ich gebe auch bei der Windkraft nicht auf. Weil ich der Meinung bin, dass Salzburg ohne Windrad nicht vollständig ist. Ich hoffe da auf ein ähnliches Erweckungserlebnis des Landeshauptmanns wie beim Verkehr oder den Zweitwohnsitzen, wo die ÖVP ihren Kurs ja gravierend in unserem Sinn korrigiert hat.
SN: Wie viele Windräder stehen im Masterplan 2030?
Höchstwahrscheinlich 20.
SN: 20 waren es auch schon im Masterplan 2020. Und trotzdem steht keines.
Na ja, es ist notwendig, dass so ein Windkraftprojekt von professionellen Betreibern gemacht wird. Von der Salzburg AG oder den Bundesforsten – die haben durchaus Interesse. Wichtig ist, die Menschen bei so einem Projekt mitzunehmen. Wenn man will, dann kann man es. Die Akzeptanz für Windkraft ist ja vorhanden.
SN: Warum soll noch wer glauben, dass der Masterplan 2030 umgesetzt wird, wenn die Ziele für 2020 deutlich verfehlt wurden?
Das hängt davon ab, mit welchem Nachdruck man die Maßnahmen in den einzelnen Ressorts umsetzt. Das ist meine Aufgabe als Steuermann. Wir müssen genauso im Verkehr nachbessern. Aber Klimaschutz muss nicht wehtun. Eine neue Heizung einzubauen tut nicht weh. Im Grunde tut auch Tempo 80 zu fahren nicht weh.
SN: In der Landesregierung hat man den Eindruck, die ÖVP schaltet und waltet allein in diesem Land.
Nein, das sehe ich nicht so. Denn nur durch die grüne Regierungsbeteiligung war es möglich, dass die ÖVP einen Gesinnungswandel in Richtung grüner Vorstellungen macht. Wenn eine FPÖ in der Regierung sein würde, dann würde die ÖVP keine solche Politik mit grünen Inhalten machen wie im öffentlichen Verkehr.
SN: Aber bei den Zweitwohnsitzen, Stichwort Leerstands
abgabe, wurden Sie praktisch links überholt von der ÖVP?
Das wäre mir neu. Mein Vorschlag war ja viel revolutionärer. Nämlich, dass Eigentümer einer leer stehenden Wohnung einen fiktiven Mietzins in ihrer Einkommenserklärung berücksichtigen müssen. Das gibt es in Schweizer Kantonen. Das wäre eine wirksame Maßnahme. Eine Leerstandsabgabe ist ein Zeichen, aber die wird niemals ein Ausmaß haben können, dass wirklich ein Lenkungseffekt eintritt. Die Judikatur des Höchstgerichts steht dem entgegen.
SN: Haben Sie einen Zweitwohnsitz?
Nein. Auch kein Ferienhaus.
SN: Ihre Vorgängerin hat in der Frage der Erweiterung des Europark „Nein“gesagt. Jetzt nimmt Spar einen neuen Anlauf.
Eine Erweiterung des Europark kommt auch für mich nicht infrage. Da gibt es ein klares Nein der Grünen. Das sieht ja auch die Wirtschaftskammer so.
SN: Das neue Gutachten von Spar liegt bald vor. Was dann?
Es braucht einen einstimmigen Beschluss in der Landesregierung, wir müssten also mitstimmen. Und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die Kaufkraftkonzentration an diesem Standort im Vergleich zu 2015 nicht ab-, sondern zugenommen hat. Damit fehlt jegliche Grundlage, das zu bewilligen. Der Onlinehandel, mit dem immer argumentiert wird, ist null Argument für eine Erweiterung des Europark. Ich schaue mir das Gutachten des Spar-Konzerns natürlich an, aber da wird es ein unabhängiges, vom Land beauftragtes Gutachten brauchen.
SN: Sie gelten als pragmatischer und konsensualer Politiker. Hier sind Sie zu keinem Kompromiss bereit?
Ich bin ziemlich energisch, fragen Sie mal andere. Ich bin sicher einer der erfolgreichsten Budgetverhandler. Aber ich bin kein „Grantscherm“, sondern ein freundliches Wesen. In der Europark-Frage gibt es für mich keinen Grund, den Kurs aus 2015 zu korrigieren.
SN: Die ÖVP ist aber bereit, die Erweiterung diesmal zu genehmigen. Da wird hoher Druck entstehen.
Den hat es in der Vergangenheit auch schon gegeben. Dem werden wir als Grüne standhalten.
SN: Freut es Sie als Kulturreferent, dass der russische Präsident Putin zum Jubiläumsjahr der Festspiele eingeladen wurde?
Ich bin kein Freund von Putin. Ich halte ihn nicht für den idealen Gast für die Festspiele. Als besonders kulturaffin habe ich ihn auch nicht wahrgenommen. Im Gegensatz zu Angela Merkel. Die ist immer willkommen.