Gibt es bald Skihallen auch in Österreich?
Tourismusexperten schließen das nicht aus, wenn Konzept und Umfeld passen.
Am Konzept der Skihalle gab es von Beginn an große Zweifel. Aber die Idee setzte sich durch, mittlerweile gibt es weltweit 150 Skihallen. Und das keineswegs nur in Ländern, in denen Ski fahren aufgrund der natürlichen Gegebenheiten nur in einer Halle möglich ist, wie etwa in Dubai. Auch im Großraum Moskau oder in der Nähe von Stockholm gibt es Hallen, wo Ski fahren als Indoorsport betrieben werden kann.
In Norwegen eröffnet nahe der Hauptstadt Oslo im Jänner die bisher größte Skihalle der Welt. Geboten wird eine 500 Meter lange Piste mit einem Höhenunterschied von 90 Metern. Drei Lifte können bis zu 5000 Skifahrer pro Stunde „vom Tal auf den Berg“transportieren.
Die Skihalle hat eine lange Geschichte – die erste, der „Eispalast“, wurde 1927 in Wien eröffnet und bald wieder geschlossen – und vielleicht eine große Zukunft. Leo Bauernberger, Chef der Salzburger Land Tourismusgesellschaft (SLT), die seit 2001 mit der Skihalle Neuss in Nordrhein-Westfalen kooperiert („das sind zukünftige Gäste für Salzburg“), schließt den Bau von Skihallen auch im alpinen Raum nicht aus.
Nötig sei ein ausreichend großes Einzugsgebiet und die Möglichkeit, die Halle mehrfach zu nutzen, also beispielsweise auch für internationale Wettbewerbe. Wenn Konzept und Umfeld passten, „könnte so etwas auch in Österreich funktionieren“, sagt Bauernberger.
SALZBURG. Wer von Norwegen träumt, sieht Schnee und Winter. Wer braucht da eine Skihalle? Wer so denkt, ist offenbar von gestern. Im hohen Norden Europas wird demnächst die bislang größte Skihalle der Welt eröffnet.
Rund 40.000 Quadratmeter wurden für den Vinterparken in Lørenskog bei Oslo verbaut. Angeboten wird als Herzstück eine 505 Meter lange Indoor-Skipiste mit einem Höhenunterschied von 90 Metern. Drei Skilifte bringen bis zu 5000 Personen pro Stunde „auf den Berg“. Auch Weltcuprennen will man hier künftig austragen.
Darüber hinaus können Langläufer auf einer rund einen Kilometer langen „hängenden“Loipe trainieren. Neben den Skipisten gibt es auch noch ein Hotel, Wohnungen und eine Winterakademie, und man zeigt, was in puncto Energieeffizienz möglich ist: Beheizt wird das neue Stadtareal mit Abwärme aus dem Kühlsystem der Skipiste.
Wer gedacht hat, Skihallen sind ein vorübergehendes Phänomen, der hat sich getäuscht. Rund 150 gibt es mittlerweile weltweit – gebaut werden sie in heißen Gegenden – etwa in Kairo (mit schwarzer Piste!) oder Dubai – ebenso wie in nördlichen, kalten Regionen nahe Moskau oder Stockholm. Skifahren wird zunehmend als Ganzjahres-Indoorsport gesehen. „Vor allem in urbanen Räumen ist Schnee etwas Exotisches, das anziehend und attraktiv ist“, sagt Salzburgs Landestourismuschef Leo Bauernberger.
Seit 2001, also bald 20 Jahren, verbindet die Salzburger Land Tourismusgesellschaft (SLT) eine Partnerschaft mit der Skihalle Neuss in Nordrhein-Westfalen. Aus dem Ballungsraum mit rund 16 Millionen Einwohnern besuchen jedes Jahr rund 700.000 Menschen die Skihalle. Bis zu 15.000 Kinder stünden hier jedes Jahr zum ersten Mal auf Ski, erklärt Bauernberger. Für das Wintersportland Salzburg seien das künftige Gäste. Seit einem Jahr firmiere die Skihalle als Alpenpark, fünf Millionen Euro würden gerade in den Ausbau des Freizeitangebots investiert.
Über Neuss sei man mittlerweile mit einem Netzwerk von Skihallen verbunden, etwa vier weiteren Anlagen in den Niederlanden und der Skihalle in Moskau. Erst kürzlich habe man ein Angebot für ein neues Projekt in Mailand erhalten.
400.000 Euro des SLT-Marketingbudgets fließen in die Skihallen. Für Neuss übernimmt man auch das Social-Media-Marketing. Dazu kommen Schulungen für Sportlehrer, Ski- und Winteropenings und laufend Medienveranstaltungen. „Wir sind das ganze Jahr über aktiv“, sagt Bauernberger.
Auch Wintersportausrüster wie Atomic aus Altenmarkt haben aus dem Auftritt in Skihallen ein eigenes Geschäftsmodell gemacht. „Das ist eine wichtige Sache, die packen wir strategisch an“, erklärt AtomicChef Wolfgang Mayrhofer. Produziert werden deshalb eigene kürzere Ski mit engeren Radien. „In der Skihalle ist spielerisches Fahren gefragt, da braucht es mehr Feedback vom Ski für ein gutes Fahrgefühl.“Rund 3000 Paar gehen mittlerweile in die Verleihstationen der Skihallen, im deutschen Neuss und in den Niederlanden ist Atomic seit Kurzem Premium-Partner und stattet zu zwei Dritteln exklusiv aus.
Kooperationen gebe es mit fast allen Skihallen, betont Mayrhofer. „Wir sind in Schanghai genauso drinnen wie in dem neuen Projekt in Oslo.“Skihallen seien „ein wichtiger Touchpoint zu Leuten, die dann in die Berge kommen“. Man wolle Indoorskifahrern „ein Fahrund Markenerlebnis geben, das sie zu Brand-Lovern macht“. Sprich, sie sollen auch in den echten Bergen auf Atomic-Ski vertrauen.
Touristiker Bauernberger hält es nicht mehr für undenkbar, dass auch in Österreich eine Skihalle gepaart mit anderen Freizeitangeboten errichtet wird. „Wenn es um Freizeit das ganze Jahr über geht, ist auch Skifahren ein Thema.“Die schnee- und bewegungsaffinen Finnen, Schweden und Norweger zeigten das vor. Freilich brauche es für den Erfolg einer Skihalle ein entsprechendes Einzugsgebiet, 90 Prozent der Besucher kämen aus einem Umkreis von bis zu 70 Kilometern. Projekte in entlegenen Landstrichen in der Nähe von Hamburg oder Berlin seien schon gescheitert. „Aber wenn Konzept und Umfeld passen und es nicht nur ums Skifahren geht, ist nicht ausgeschlossen, dass so etwas auch in Österreich funktioniert.“
Immerhin begann die Geschichte der Skihalle einst in Wien. Im November 1927 wurde im ehemaligen Nordwestbahnhof der Schneepalast eröffnet, errichtet hatte ihn der in Wien lebende norwegische Skispringer Dagfin Carlsen. Die 3000 Quadratmeter große Piste führte über eine Holzrampe. Auch eine Sprungschanze gab es. Der künstliche Schnee wurde aus Soda hergestellt. Allerdings wurde der Betrieb der Halle bereits im Mai 1928 wieder eingestellt.
Heute funktioniert Skifahren – zumindest eine Art davon – selbst im Freien das ganze Jahr über, wie das Projekt Kunstpiste auf der Müllverbrennungsanlage in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen zeigt. Salzburg-Touristiker Bauernberger hat es erst vor Kurzem selbst ausprobiert. „Das sind Plastikmatten mit Löchern, aus denen ein bisschen Gras rauskommt“, schildert er den Aufbau der Piste. Gefahren werde mit normalen Alpin-Ski mit Gleitpaste auf dem Belag. Die Technologie sei keine große Geschichte, auch das Fahrgefühl eher bescheiden. „Ein wenig kommt man sich vor wie auf einer Eispiste.“Trotzdem pilgerten die Leute dorthin, „das Projekt ist eine Landmark in Kopenhagen“. Ausgestattet unter anderem mit Gondeln aus Saalbach-Hinterglemm.
„Skihallen sind ein wichtiger Touchpoint.“
Wolfgang Mayrhofer, Atomic