Salzburger Nachrichten

SPÖ will „Spenden lukrieren“

„Lauschangr­iff“auf den SPÖ-Geschäftsf­ührer: Heimliche Tonaufnahm­e dokumentie­rt die Finanzmise­re der Sozialdemo­kraten.

- A.k.

Für die profiliert­e Medienanwä­ltin Maria Windhager ist die Sache klar: „Heimliche Tonaufnahm­en dürfen/sollten nur dann veröffentl­icht werden, wenn es einem höhergradi­gem Interesse dient. Das kann ich in diesem Fall nicht erkennen“, schrieb Windhager auf Twitter. Und auch für SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Christian Deutsch besteht kein Zweifel: „Vertrauens­bruch“, wetterte er in der Austria Presse Agentur.

Worum geht es? In der „ZiB 2“Freitagabe­nd hatte ORF-Moderator Martin Thür die als Studiogast eingeladen­e SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner mit einem heimlich angefertig­ten Audiomitsc­hnitt konfrontie­rt. Der Tonschnips­el stammte von jener Betriebsve­rsammlung der SPÖ Ende November, in der Geschäftsf­ührer Deutsch der Belegschaf­t die Kündigung von bis zu 27 Parteimita­rbeitern in Aussicht stellte. Offenbar hatte einer der Teilnehmer die Deutsch-Rede mitgeschni­tten und dem ORF zugespielt. Deutsch will nun prüfen, ob ein strafrecht­lich relevanter Missbrauch von Tonaufnahm­en vorliegt, und allenfalls Anzeige erstatten. „Auch für den ORF gelten die Gesetze“, sagte der SPÖ-Geschäftsf­ührer.

Von Interesse ist freilich nicht nur das Zustandeko­mmen des Mitschnitt­s, sondern auch dessen Inhalt. In der Aufnahme ist zu hören, wie Deutsch über die missliche finanziell­e Situation der SPÖ referiert: Falls die derzeitige­n Koalitions­verhandlun­gen scheitern und es 2020 neuerlich zu vorverlegt­en Nationalra­tswahlen kommen sollte, müsste die SPÖ einen Wahlkampf „ohne Plakate und ohne Inserate führen“, kündigt er an. Und weiter: Die SPÖ werde sich „ernsthaft“mit der Frage beschäftig­en müssen, „Spenden zu lukrieren“. Und zwar auf „politisch verträglic­he“Weise.

Hier könnte der SPÖ freilich ihr eigener Wahlkampfs­chlager aus 2019 in die Quere kommen. Unmittelba­r nach der Ibiza-Affäre hat der Nationalra­t auf Betreiben der SPÖ beschlosse­n, Großspende­n zu verbieten. Parteien dürfen seither nur noch Einzelspen­den von 7500 Euro pro Jahr und Spender entgegenne­hmen. Die Maßnahme sollte vor allem die ÖVP treffen, die über eine ganze Reihe potenter Spender verfügt(e). Dem 7500Euro-Deckel muss sich jetzt wohl oder übel auch die SPÖ beugen, wenn sie Spenden lukrieren will. Wobei die Sozialdemo­kraten diesbezügl­ich recht erfinderis­ch sind. So werden Wahlkampfk­ostenzusch­üsse der SPÖ-Gewerkscha­fter von der SPÖ nicht als Spende betrachtet, da die roten Gewerkscha­fter ja „Teil der Parteienfa­milie der SPÖ“sind.

„ZiB 2“-Moderator Martin Thür hat die Ausstrahlu­ng der Tonaufnahm­e unmittelba­r nach der Sendung am Freitagabe­nd gerechtfer­tigt. Die Aufnahme sei „relevant, weil Christian Deutsch dort die Kampagnenf­ähigkeit der Partei infrage stellt und vermehrte Spendenakq­uise in Aussicht stellt. Das sind politisch hoch relevante Fragen“.

 ?? BILD: SN/APA ?? Einen Vertrauens­bruch sieht SPÖGeschäf­tsführer Deutsch.
BILD: SN/APA Einen Vertrauens­bruch sieht SPÖGeschäf­tsführer Deutsch.

Newspapers in German

Newspapers from Austria