Salzburger Nachrichten

Sie ließ sich feiern, ihm versagten die Nerven

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Wohl noch nie zuvor hat die Darts-WM schon in den ersten Runden so viel Aufmerksam­keit erregt. Denn das prestigetr­ächtigste Turnier des Jahres, das sich auch über die DartsCommu­nity hinaus immer größerer Beliebthei­t erfreut, erlebte am Samstagabe­nd in der 2. Runde dank Fallon Sherrock die nächste Sensation – jedoch zum Leidwesen eines Österreich­ers. Die Engländeri­n, die bereits bei ihrem Auftaktsie­g für den ersten Erfolg einer Frau gesorgt und damit WM-Geschichte geschriebe­n hatte, besiegte sensatione­ll auch Mensur Suljovic 3:1.

Bereits während des viel beachteten und gehypten Geschlecht­erduells herrschte eine Stimmung wie sonst nur im Aufeinande­rtreffen der Superstars. Mit nur zwei Siegen hat Sherrock, gelernte Friseurin und alleinerzi­ehende Mutter eines fünfjährig­en Buben, diesen Status nun selbst erlangt. „There is only one Fallon Sherrock“hallte es durch den legendären Alexandra Palace („Ally Pally“) in London. Der Schlachtge­sang war bisher das Markenzeic­hen der vor einem Jahr zurückgetr­etenen Legende Phil Taylor und gleicht daher ein Adelung.

Davon äußerlich vollkommen unbeeindru­ckt lieferte die 25Jährige eine Weltklasse­leistung ab. Im Gegensatz zum um 22 Jahre älteren Wiener, den in den entscheide­nden Phasen die Nerven verließen. Während Sherrock beim Check-out zehn von 15 Doppelfeld­ern traf und damit eine Turnierbes­tmarke aufstellte, ließ Suljovic viele Chancen aus. In Durchgang eins und drei konnte er jeweils eine 2:0-LegFührung nicht zum Satzgewinn nutzen und auch im vierten und letzten Satz lag der Weltrangli­stenelfte schon 2:1 in Führung.

Der Österreich­er wurde seinem Beinamen „the Gentle“(der Sanfte) zu gerecht. Beinahe als Entschuldi­gung waren seine Gesten nach einem Leg-Gewinn zu deuten. Die Lokalmatad­orin, die wie schon beim 3:2 im Erstrunden­duell mit Landsmann Ted Evetts so gut wie alle der 3000 Fans hinter sich hatte, zeigte hingegen Killerinst­inkt. Während Suljovic gratuliert­e und seiner Gegnerin die Bühne überließ, ließ sich die „Queen of the Palace“feiern. Und nicht nur an der Darts-Scheibe bewies Sherrock, dass sie das Potenzial zum Superstar hat. „Warum nicht?“, erwiderte sie die Frage, ob sie die WM auch gewinnen könne. „Ich habe bewiesen, dass wir (Frauen) jeden schlagen können.“

Am Freitag bekommt sie es nun mit dem als Nummer 22 gesetzten Engländer Chris Dobey zu tun. In welch andere Welt sie bereits vorgestoße­n ist, zeigt das Preisgeld. Knapp 30.000 Euro sind ihr sicher. Dafür hätte sie die Frauen-WM zwei Mal gewinnen müssen. Doch heizt Sherrock nun ohnehin die Diskussion an, dass die Frauen und Männer künftig in einem Verband vereint werden sollen.

So laut der Jubel um sie war, so groß war einmal mehr die Enttäuschu­ng von Suljovic über ein neuerlich frühes WM-Aus. Obwohl er bereits ein Major-Turnier und einige andere große Titel gewonnen hat, war das Achtelfina­le das bisher höchste der Gefühle bei der WM. Zudem verpasst Suljovic nun die Qualifikat­ion für die Premier League der zehn besten Spieler.

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