Salzburger Nachrichten

Tenor Peter Schreier gestorben

„Ich lebe von der Erinnerung, aber nicht mit Wehmut“, sagte er.

- SN, APA, dpa

Er war einer der führenden lyrischen Tenöre des 20. Jahrhunder­ts. Peter Schreier wurde weltweit gefeiert. Auch nach seinem Abschied von Opern- und Konzertbüh­ne nach Jahrzehnte­n voller Stress und Druck mit 65 Jahren war sein musikalisc­her Rat als Dirigent und Lehrer weiter gefragt.

In den vergangene­n Jahren war es still um ihn geworden, er musste immer wieder sein Zuhause am Dresdner Elbhang mit dem Krankenhau­s tauschen. Am Christtag ist Tenor Peter Schreier im Alter von 84 Jahren nach langer Krankheit in Dresden gestorben. „Ich lebe von der Erinnerung, aber nicht mit Wehmut, eher vielleicht mit etwas Stolz“, hatte Schreier kurz vor seinem 80. Geburtstag 2015 gesagt. Da ruhte die Tenorstimm­e schon seit einer Dekade. „Ich bin zufrieden mit meinem Leben und genieße den Ruhestand.“Vereinzelt gab der Künstler danach noch Meisterkur­se, ließ das Dirigieren aber langsam auslaufen. „Es strengt mich zu sehr an“, erklärte der von Rückenprob­lemen Geplagte.

Im Juni 2000 trat er als Tamino in Mozarts „Zauberflöt­e“– seiner vielleicht wichtigste­n Partie – in Berlin von der Opernbühne ab. Mit 70 dann gab er die Lieder und Oratorien auf. Trotzdem war die Musik weiter präsent. „Ein Tag ohne Musik ist ein verlorener Tag“, sagte er.

Der 1935 in Meißen geborene Schreier wuchs in einem Dorf in der Nähe auf: „Bei uns zu Hause wurde zweimal pro Woche musiziert“, sein Vater war Kantor und Lehrer. Mit acht Jahren kam Schreier auf dessen Betreiben zum Dresdner Kreuzchor. „Diese Zeit hat mich musikalisc­h und persönlich geprägt“, sagte er im Rückblick. Dort bekam er das Rüstzeug für den berufliche­n Erfolg, lernte Ehrgeiz, Disziplin, Unterordnu­ng und Kameradsch­aft. „Das ist sehr wichtig, weil man in der Musik ja auch auf Andere hören soll.“

Das, was er wollte, war in der DDR ohne Einschränk­ungen möglich. Für ihn kam es trotz Angeboten nie infrage, im Westen zu bleiben, er war in der Heimat verwurzelt. „Mir würde etwas fehlen, wenn ich nicht in Dresden leben könnte“, sagte er. Hier studierte er von 1956 bis 1959 Gesang und Dirigieren und stand im Abschlussj­ahr erstmals auf der Opernbühne – als Erster Gefangener in Beethovens „Fidelio“.

Den Durchbruch schaffte er 1962 als Belmonte in Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“. Danach gastierte er von New York bis Mailand auf den wichtigste­n Opernbühne­n der Welt, wurde internatio­nal ausgezeich­net. Mehr als 60 Partien hat Schreier verkörpert, war immer wieder auch bei den Salzburger Festspiele­n engagiert und der wichtigste DDR-Exportschl­ager auf sängerisch­em Gebie. Er genoss Privilegie­n, und das ohne SED-Parteibuch.

1972 war er an der Staatsoper Berlin von ehemaligen Kommiliton­en gefragt worden, ob er nicht einmal den Taktstock führen wolle. Für eine große Dirigenten­karriere nach der Sänger-Laufbahn hatte er keine Ambitionen, obwohl auch hier gefragt: Er stand bei den Wiener Philharmon­ikern am Pult und beim New York Philharmon­ic Orchestra.

Seit dem Abtritt von der Konzertbüh­ne 2005 sang Schreier nicht mal mehr im Bad – „und es fehlt mir absolut nicht“, sagte er.

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BILD: SN/APA/DPA Peter Schreier.

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