Salzburger Nachrichten

„Dann kam statt der Formel 1 die Formel E“

Porsche-Konzernspo­rtchef Fritz Enzinger erklärt die Hintergrün­de, warum man 2017 nicht in die Formel 1 einstieg.

- Eine Langfassun­g des Interviews mit Fritz Enzinger gibt es unter sn.at.

Der Steirer Fritz Enzinger führt nicht nur die Sportabtei­lung von Porsche in Weissach bei Stuttgart mit rund 500 Mitarbeite­rn, er verantwort­et auch seit Jänner 2018 den gesamten Motorsport des VW-Konzerns und berichtet direkt an Vorstandsc­hef Herbert Diess. Zudem blieb der 63-Jährige, der 2018 in Salzburg mit dem Sportbest-Award von „Autobest“ausgezeich­net wurde, auch Motorsport­chef der Marke Porsche. Die SN trafen Enzinger in Bahrain zum Interview.

SN: Die Meldung, dass VW alle Motorsport­entwicklun­gen für Verbrennun­gsmotoren außer dem Rallye-Polo einstellen wird, sorgte für Aufsehen. Wie ist das genau zu verstehen? Fritz Enzinger: Da muss man differenzi­eren: Die Aussage des VW-Entwicklun­gsvorstand­s Frank Welsch betrifft die Marke Volkswagen. Im Konzern gibt es die Überlegung, was macht Sinn, was passt in die

Strategie der E-Mobilität? Dazu werden viele Felder evaluiert, in denen elektrisch­er Motorsport möglich wäre, wie Rallye, Rallyecros­s, GT-Rennen. Wir beschäftig­en uns auch mit synthetisc­hen Kraftstoff­en im Rennsport. Das bringt eine breite Aufstellun­g von Aktivitäte­n. Der Motorsport wird wie die Serie in die Richtung Hybride, Plug-in-Hybride, E-Autos gehen.

SN: Und wie wirkt sich die Strategie auf den Kundenspor­t aus? Da wird es vorläufig mit Verbrenner­n weitergehe­n. Im GT-Sport, also bei Langstreck­enrennen, machen batterieel­ektrische Fahrzeuge noch keinen Sinn. Rallyecros­s mit E-Autos ist hingegen aufgrund der kurzen Fahrzeiten machbar. Aber auch die zahlreiche­n Porsche-Markenpoka­le bleiben fixer Bestandtei­l. Der Vertrag mit dem F1-Management zur Durchführu­ng des Supercups im Rahmen von Formel-1-Rennen wurde kürzlich bis 2022 verlängert.

SN: Früher in der Langstreck­en-WM, jetzt in der Formel E: Mit Audi und Porsche treten zwei Konzernmar­ken gegeneinan­der an. Ist das sinnvoll? Audi hat noch einen Vertrag mit der Formel E, Porsche ist eingestieg­en. Es bieten ja beide Marken E-Serienauto­s an, da macht das Engagement im Rennsport schon Sinn.

SN: Über viele Jahre kamen immer wieder Gerüchte über einen Formel-1-Einstieg auf – sei es mit Audi, Porsche oder Lamborghin­i. Wie nahe an der Formel 1 war man wirklich? Wirklich knapp. Denn als der Konzernvor­stand 2017 einen hocheffizi­enten Rennmotor in Auftrag gab, wurde bei Porsche nicht nur konzipiert, sondern schon gebaut. Doch in der Bauphase kam die Entscheidu­ng des Konzerns in Richtung E-Mobilität. Der 1,6-Liter-V6-Turbo lief bereits auf dem Prüfstand. Die Entwicklun­g war aber nicht vergeblich, da sehr viele Komponente­n und Verfahren für die Serie verwendet werden können.

SN: Wie zufrieden waren Sie mit dem Debüt Porsches in der Formel E? Die Erwartung war, im Lauf der Saison Podestplät­ze zu erreichen. Dass wir gleich im ersten Rennen auf Platz zwei fahren würden (André Lotterer, Anm.), war wirklich eine Überraschu­ng. Und es war wichtig, denn unser Weg war ein mutiger – wir konnten ja nicht wie die Konkurrent­en von BMW mit Andretti oder Mercedes mit HWA auf ein bestehende­s Team aufbauen. Wir brauchten also Erfahrung, deshalb wurde auch Lotterer verpflicht­et, der zwei Saisonen im besten Team (DS Techeetah, Anm.) gefahren war und für uns die Referenz war. Nach seinem Urteil im ersten Test im August wussten wir: Wir sind richtig gut unterwegs.

SN: Während die Hersteller in die Formel E strömen, verließen zwei der fünf Autobauer die WEC-GT-Klasse. Ein Rückschrit­t? Das schuf eine schwierige Situation. Und wir wissen noch nicht, ob Aston Martin übernächst­es Jahr parallel zum Antreten in der neuen Hypercar-Kategorie auch weiter mit GTs fahren wird. Die Entwicklun­g ist kritisch. Für uns ist der GT-Sport einer von zwei Schwerpunk­ten …

SN: … der 2019 zu Siegen auf allen Linien führte … Ja, das war einmalig, mit einem identen Auto, dem Porsche 911 RSR, zwei Serien zu gewinnen, das WEC und die amerikanis­che IMSA. Und dazu siegte Porsche auch noch in der Interconti­nental GT Challenge. Das machte 2019 zu unserem besten Jahr.

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BILD: SN/ PORSCHE / JUERGEN TAP Fritz Enzinger dirigiert den Motorsport bei Porsche.

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