Roboter erkennen, was wir fühlen
Salzburger forschen an sozialen Robotern: Sie sollen chronisch Erkrankte und Ältere im Alltag unterstützen – und Einsamkeit mildern.
„Guten Morgen, wie haben Sie geschlafen?“, sagt das kleine runde Ding mit den mechanischen Augen. Der Roboter Q.bo fragt nach der Nacht, obwohl er die Antwort schon längst kennt. Das Fitnessarmband hat angezeigt, dass die Erholungsphase kurz war. Und im Gesicht des Menschen ist keine Freude zu erkennen.
Roboter, die Menschen im Alltag unterstützen, gibt es schon länger. Sie saugen den Boden, mähen den Rasen und kuscheln als Robben mit Senioren im Altersheim. Seit Kurzem aber verkaufen Hersteller preiswerte Technologie, die im privaten Haushalt soziale Funktionen übernehmen könne, sagt Manuela Plößnig. Die 56-jährige Kuchlerin forscht im Forschungsinstitut Salzburg Research zu sozialen Robotern: Ihr Team konzentriert sich auf chronisch Kranke und Ältere. „In einer älter werdenden Gesellschaft nimmt auch die Einsamkeit zu. Und die Menschen brauchen Unterstützung im Alltag, da sie länger zu Hause wohnen wollen.“Ihr Projekt heißt RoboGen, das Ziel sind Konzepte, wie Kommunikation mithilfe von sozialen Robotern gelingen kann.
Sozial und Roboter – ein Widerspruch? Freilich seien die Fähigkeiten nicht mit jenen der Menschen vergleichbar. „Soziale Roboter haben aber das Potenzial, stärker als bisher in der für uns Menschen natürlichen Art und Weise zu kommunizieren“, sagt Plößnig. Das bedeute, dass sie auch auf die emotionale Ebene eingehen könnten.
Dafür analysiert Q.bo das Gesagte. „Er kann Gefühle anhand von typischen Wörtern erkennen“, erklärt Plößnig. Auf Ärger deutet etwa hin, wenn die Person „böse“, „entrüstet“, „genervt“verwendet. Aber es komme nicht nur darauf an, was man sage, sondern auch, wie. Deshalb erfasse Q.bo anhand von 68 Punkten im Gesicht, wie sich der Mensch gegenüber fühlt. Der Roboter könne sechs Grundemotionen erkennen: Wut, Ekel, Glück, Trauer, Überraschung und Angst.
Derzeit testet Plößnigs Team, ob der Roboter die Gefühle richtig zuordnet. Die gewonnenen Daten werden mit jenen einer Fitnessuhr kombiniert, die zusätzliche Informationen zu Schlafverhalten oder Stresssymptomen liefert. Das Ziel sei, zu erkennen, welche individuellen Bedürfnisse die Personen gerade haben. Ein ganzes Netzwerk hilft dabei: Künftig sollen Menschen von sich ergänzenden Robotern und Geräten unterstützt werden.
Roboter sollen etwa an Medikamente erinnern – und Empfehlungen geben. Diabetiker hätten etwa manchmal Bedenken, Sport zu treiben. Die Angst vor Unterzuckerung sei groß, sagt die Forscherin. „Der Roboter kann dabei helfen und beispielsweise einen Artikel darüber empfehlen, wie man mit den Ängsten umgehen kann.“
Die Salzburger Wissenschafter interessiert zudem, wie die Interaktion mit einem Roboter gendersensibel gestaltet werden kann. Meist designen und programmieren Männer die Software und bringen ihre Vorstellungen davon ein, wie die Technologie benutzt wird. Das müsse sich nicht mit den tatsächlichen Anforderungen decken.
Gender bedeute aber keine Spaltung in Frau und Mann, sagt Plößnig. Es gehe um die individuellen Bedürfnisse einer Person, fernab von Vorurteilen. „Aus der Literatur weiß man, dass die Unterschiede innerhalb der Geschlechter größer sind als zwischen Mann und Frau.“
Deshalb hat ihr Team Nutzerinnen und Nutzer früh durch Fokusgruppen eingebunden: „Wir wollen herausfinden, was welche Zielgruppe braucht.“Junge Diabetiker hätten andere Anforderungen als Senioren ohne chronische Erkrankungen. „In der Fokusgruppe haben wir etwa erfahren, dass eine Notruffunktion per Sprachbefehl wichtig ist.“Wenn Ältere stürzten, hätten sie nicht immer das Smartphone in der Hand. Sie könnten aber den Roboter bitten, jemanden zu verständigen oder Hilfe zu holen.
Ältere sollen eine Zielgruppe für soziale Roboter sein. Aber sind sie affin genug, um sich eine technische Hilfe in den Haushalt zu holen? „Die künftigen Senioren arbeiten derzeit noch – und setzen sich daher mit Technologie auseinander“, sagt Plößnig. Bereits jetzt würden Ältere aber beispielsweise mit ihrem Smartphone gut umgehen können.
Roboter wie Q.bo sollen Einsamkeit mildern können. „Freilich ist das kein Ersatz für menschlichen Kontakt“, sagt Plößnig. „Aber es ist eine neue Möglichkeit. So wie Fernsehen und Radio eine neue Möglichkeit waren.“
Zudem geben Roboter nur Empfehlungen, wie die Salzburger Forscherin sagt: „Die Menschen entscheiden selbst, ob sie die Anregungen umsetzen.“
„Der Roboter gibt Tipps für den Schlaf.“