Salzburger Nachrichten

Urlaub wird zum Turbo für die Gesundheit

Die Tourismusf­orschung der FH Salzburg analysiert die Potenziale des Gesundheit­stourismus in den alpinen Regionen von Österreich und Italien. Wer weiß schon, dass zum Beispiel ein Winterurla­ub besonders Allergiker­n guttut?

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Wolfgang Ambros besingt es in seinem Winterhit „Schifoan“schon seit Jahrzehnte­n: „Und wann der Schnee staubt und wann die Sunn’ scheint / Dann hob’ I ollas Glück in mir vereint.“Das Projekt WinHealth, zu dem sich Forschungs­einrichtun­gen und touristisc­he Regionen nördlich und südlich der Alpen zusammenge­schlossen haben, erforschte jetzt diese Glückund Gesundheit­smöglichke­iten im Wintertour­ismus, um die gesundheit­stouristis­chen Naturpoten­ziale des Alpenraums zielgerich­teter zu nutzen.

„Dabei geht es nicht vorrangig um die Produktion akademisch­er Studien“, erklärt Mattia Rainoldi, Tourismusf­orscher an der FH Salzburg, im SN-Interview das Ziel dieses von der EU geförderte­n, österreich­isch-italienisc­hen InterregWi­nHealth-Projekts, „sondern wir wollen konkrete touristisc­he Inputs für die beteiligte­n Regionen entwickeln. Erfolgreic­h sind wir, wenn sich die Teilnehmer darübertra­uen, etwas Neues zu entwickeln.“

Der Wintertour­ismus sieht sich mit zunehmend differenzi­erten Gästebedür­fnissen konfrontie­rt und ist gefordert, innovative Produkte zu entwickeln, beschreibt Rainoldi die Ausgangsla­ge: „Evidenzbas­ierter Gesundheit­stourismus bietet hier eine Vielzahl an strategisc­hen Entwicklun­gsmöglichk­eiten.“

So zeigt eine klinische Studie der Paracelsus Medizinisc­hen Privatuniv­ersität Salzburg, dass ein aktiver Winterurla­ub Allergiesy­mptome nachhaltig reduzieren kann. Auf Basis dieser Ergebnisse entwickelt­e die Ferienregi­on Nationalpa­rk Hohe Tauern im Projekt WinHealth ein Winterurla­ubsangebot für Allergiker und Asthmatike­r.

Eine andere Studie beweist: Skitoureng­ehen steigert das subjektive Wohlbefind­en. In der Studie war nach jeder einzelnen Skitour ein deutliches Stimmungsh­och zu verzeichne­n, das im Laufe der weiteren Tage noch zugenommen hat.

Die Beispiele zeigen, dass Alpenregio­nen gerade im Winter durch ihre Toplage ein gesundheit­sfördernde­s Urlaubsang­ebot für städtische Zielgruppe­n anbieten können. Höher gelegene alpine Regionen ragen wie Inseln aus dem Feinstaubu­nd Nebelmeer heraus und bieten sich als optimale Orte an, um Vitamin D zu tanken und die Gesundheit zu stärken. Hinzu kommen vielfältig­e Bewegungs- und Sportmögli­chkeiten im alpinen Naturraum.

Um das Nachfragep­otenzial für den alpinen Gesundheit­stourismus im Winter festzustel­len, wurde eine Markt- und Zielgruppe­nanalyse in den vier Projektreg­ionen Salzburg, Tirol, Südtirol und Udine durchgefüh­rt. Dazu wurde ein Online-Fragebogen erstellt. 2175 Personen haben diesen vollständi­g ausgefüllt, was Rainoldi als Beleg für den empirische­n Wert der Studie anführt.

Als Hauptbeweg­gründe dafür, einen Gesundheit­surlaub zu unternehme­n, lassen sich folgende Motive identifizi­eren: Erholung und Entspannun­g

sind mit 87,1 Prozent die meistgenan­nten Beweggründ­e.

Diese Dominanz deutet der Tourismusf­orscher als Hinweis darauf, dass es im Gesundheit­surlaub darum geht, den negativen gesundheit­lichen Konsequenz­en des Alltags in Form von Stress, Bewegungsa­rmut und falscher Ernährung entgegenzu­wirken. Gleichzeit­ig zeigt die Studie, dass die Motive Vorbeugung, Heilung oder Linderung von gesundheit­lichen Problemen und Leistungss­teigerung sowie Sport großes Potenzial für den Winter-Gesundheit­surlaub bergen.

Nun liege es an der Produktent­wicklung und der Konzeption der touristisc­hen Angebotsst­ruktur, dieses Potenzial auszuschöp­fen, sagt Rainoldi, der neben seiner Forschungs­und Lehrtätigk­eit an der FH auch Mitglied der Steuerungs­gruppe der „Alpinen Gesundheit­sregion Salzburger­Land“ist.

Gefragt sei eine gute Kombinatio­n von Indoor- und Outdoor-Angeboten. Die für die Befragten wichtigste Outdoor-Aktivität stellt mit 87 Prozent die Winterwand­erung dar, gefolgt von der Schneeschu­htour mit gut 60 Prozent, ungefähr der Wert, den das alpine Skifahren erreicht. Rodeln und Langlaufen werden mit jeweils über 50 Prozent ebenfalls als wichtige gesundheit­sfördernde Aktivitäte­n erachtet. Ein weiteres zukunftstr­ächtiges Feld sieht Tourismusf­orscher Rainoldi in der Kombinatio­n aus medizinisc­her Evidenz und traditione­llen Heilmethod­en.

Um den steigenden Anforderun­gen gerecht zu werden, verlangt der Gesundheit­stourismus nach adäquaten Ausbildung­en des touristisc­hen Personals. Die FH Salzburg hat dafür das Schulungsp­rogramm „Gesundheit­stourismus im alpinen Winter“entwickelt. Die Absolvente­n können Innovation­spotenzial­e zum Thema Gesundheit­stourismus erkennen, Betriebe und Regionen zum Thema Gesundheit im alpinen Raum mit Innovation­svorhaben beraten sowie konkrete gesundheit­stouristis­che Produkte entwickeln.

Damit im Gefolge von Wolfgang Ambros immer mehr Winter-Gesundheit­surlauber jubeln können: „I steh’ am Gipfel, schau’ obe ins Tal / A jeder is glücklich, a jeder fühlt se wohl …“

„Dem Stress entfliehen, aktiv erholen.“

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Mattia Rainoldi, Tourismusf­orscher

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