US-Truppen ziehen sich aus Teilen des Irak zurück
Schikanen für amerikanische Bürger mit persischen Wurzeln: „Es ist keine gute Zeit, ein Iraner zu sein.“
WASHINGTON. Das Weiße Haus verkauft den Angriff auf den iranischen General Qassem Soleimani als Notwehr. Der Nationale Sicherheitsberater des Präsidenten, Robert O’Brien, sagte am Dienstag, Geheimdienste hätten vor unmittelbar bevorstehenden Anschlägen auf amerikanische Diplomaten und Soldaten gewarnt. „Er hat an Plänen zu töten gearbeitet.“Beweise blieb O’Brien den Reportern schuldig.
Das Geschehen an Ort und Stelle deutet auf eine andere Realität hin. Demnach versetzten die US-Streitkräfte ihre Truppen im gesamten Nahen Osten erst nach dem Schlag gegen Soleimani in höchste Alarmbereitschaft. Die Vorsichtsmaßnahmen betreffen Truppenstandorte im Irak, in Kuwait, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Jordanien. Laut Berichten aus Bagdad verlegen die Amerikaner auch größere Teile ihres Personals aus dem „Grüne Zone“genannten Regierungsviertel an andere Standorte. In einem Brief aus dem Pentagon an irakische Regierungsvertreter heißt es, die USStreitkräfte bezögen neue Positionen, „um sich für eine Vorwärtsbewegung vorzubereiten“.
Verteidigungsminister Mark Esper betonte nach Bekanntwerden des Schreibens, es sei noch keine Entscheidung über den weiteren Verbleib der 5000 Mann starken US-Truppen in Irak getroffen worden. Auf Drängen des irakischen Ministerpräsidenten hatte das Parlament in Bagdad mit 170 zu null Stimmen den Abzug der amerikanischen Streitkräfte verlangt.
US-Präsident Donald Trump drohte daraufhin mit drastischen Sanktionen. Experten des Weißen Hauses versuchten zu klären, wie solche Strafmaßnahmen gegen eine verbündete Nation aussehen könnten. „Ich bin erstaunt, dass so etwas überhaupt diskutiert wird“, meint Peter Kucik, der unter George W. Bush und Barack Obama im Finanzministerium an Sanktionen arbeitete. Dank der engen Verbindungen würden amerikanische Interessen so sehr getroffen wie irakische.
Pentagon-Chef Esper widersprach der Ankündigung Trumps, bei einem iranischen Vergeltungsschlag auch iranische Kulturgüter anzugreifen. „Wir werden uns an die Regeln der Kriegsführung halten“, versicherte er vor Reportern. Auf die Nachfrage, ob dies bedeute, dass sich die USA an das völkerrechtliche Verbot von Angriffen auf Kulturgüter hielten, fügte Esper hinzu: „Das sind die Regeln für bewaffnete Auseinandersetzungen.“
Öffentliche Kritik an Trumps Ankündigung übte neben zahlreichen
Demokraten auch der republikanische Senator und enge Verbündete des Präsidenten, Lindsey Graham. „Wir sind nicht im Krieg mit der Kultur des iranischen Volkes“, betonte der ehemalige Militärjurist. US-Außenminister Mike Pompeo, der eine treibende Kraft hinter dem Schlag gegen General Soleimani
war, sagte, Trump habe niemals mit einem Angriff auf iranische Kulturstätten gedroht. „Lesen Sie sehr genau, was er gesagt hat.“Tatsächlich hatte Trump via Twitter seine Drohung bekräftigt. In einer Kurznachricht vom Montag beschwerte er sich über iranische Angriffe auf Amerikaner. „Und uns soll nicht erlaubt sein, ihre Kulturstätten anzugreifen? Das funktioniert so nicht.“
Erste Konsequenzen hat der IranKonflikt auch an den Außengrenzen der USA. An der Grenze zu Kanada hielten US-Grenzschützer nach Angaben von Bürgerrechtlern mehrere Dutzend US-Bürger mit iranischen Wurzeln bei der Wiedereinreise fest. Bis zu zehn Stunden seien sie verhört und festgehalten worden. Einer berichtete, der Grenzbeamte habe gesagt, es sei „keine gute Zeit, ein Iraner zu sein“.
„Wir sind nicht im Krieg mit der Kultur des iranischen Volkes.“Lindsey Graham, rep. Senator