Konflikt USA–Iran noch nicht an den Tankstellen
Spritpreise liegen auf Niveau vor der US-Attacke. Bei Eskalation droht ein kräftiger Preissprung.
WIEN. Die Tötung des iranischen Generals Qassem Soleimani am Freitag schürt Sorgen vor einer neuen Eskalation im Nahen Osten. Die Auswirkung auf die Ölpreise folgte sofort, unmittelbar nach der Nachricht über den tödlichen US-Luftangriff stieg der Preis der Rohölsorte Brent um mehr als 5 Prozent.
Wie sehr dieser Anstieg von Dauer sein wird, hängt vom weiteren Verlauf der Auseinandersetzung ab. Folgt keine echte Eskalation mehr, dürften die Ölpreise in den nächsten Tagen wieder sinken, meint Hannes Loacker, Rohstoffanalyst bei Raiffeisen Capital Management – trotz des verbalen Schlagabtausches zwischen den USA und dem Iran. „Grund für den Anstieg des Ölpreises ist die Angst, dass sich der Konflikt in der Region ausbreitet“, sagt Loacker. Die Tötung des iranischen Generals an sich habe keinen Einfluss auf die Ölförderung.
Anders war das Mitte September des Vorjahres. Da kam es nach einem Drohnenangriff auf Ölförderanlagen in Saudi-Arabien sehr wohl zu Ausfällen. Der Ölpreis reagierte massiv, im Londoner Handel stieg der Preis der Sorte Brent um 20 Prozent, das größte Tagesplus im Handel mit dieser Ölsorte. Als die Saudis die Förderausfälle binnen Tagen wettmachen konnten, sank in der Folge auch der Ölpreis wieder, zwei Wochen nach dem Vorfall notierte er auf dem Niveau vor der Krise.
Das Beispiel zeigt, dass Akteure am Rohölmarkt die Lage in der Regel sorgfältig analysieren und entsprechend handeln, Übertreibungen wie auf dem Aktienmarkt sind seltener zu beobachten. Im Fall einer militärischen Eskalation halten Analysten einen Preisschub von 20 Prozent und mehr für realistisch.
Die Chance für eine echte Zuspitzung des Konflikts halten Experten für überschaubar. Der Iran spiele als Ölproduzent eine untergeordnete Rolle, auch agiere das Ölkartell OPEC weniger abgestimmt als früher, meint Gutmann-Chefökonom
Andreas Auer. Vor dem Szenario einer globalen Konjunkturschwäche mit geringerer Ölnachfrage sieht er kein „unmittelbares Risiko für deutlich höhere Ölpreise“und steigenden Inflationsdruck.
An den Tankstellen ist der Preisanstieg noch nicht angekommen, wie der Spritpreisindikator des ÖAMTC zeigt. Mit einem Literpreis von 1,237 Euro für Super und 1,216 Euro für Diesel lag der Wert am Dienstag (14.00 Uhr) zwischen den Preisen von Donnerstag und Freitag. Hält der Konflikt an, dürfte sich das auf die Spritpreise auswirken, meint ÖAMTC-Expertin Nikola Junick. Sie kritisiert die mangelnde Transparenz bei der Preisbildung der Ölkonzerne. Fest steht nur der Steuersatz von aktuell 49 Prozent für Diesel und 56 für Superbenzin.
„Bisher nicht am Spritpreis feststellbar.“
Nikola Junick, ÖAMTC-Expertin