Salzburger Nachrichten

Das erste Auto eines Technologi­e-Riesen ist da

Sony hat den Vision-S vorgestell­t – ein E-Auto ohne Seitenspie­gel, an dem eine österreich­ische Firma fleißig mitgebaut hat. Der Wagen dürfte eine ganze Branche noch stärker unter Druck setzen.

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LAS VEGAS. Schon auf den ersten Blick fällt auf, dass hier Fahrzeugba­u neu gedacht werden soll. Denn der Vision-S hat keine Seitenspie­gel. Vielmehr ist im Cockpit des Wagens ein riesiger Bildschirm verbaut, der sich von Tür zu Tür zieht. Und dieser bietet nicht nur Navigation, Entertainm­ent und einen eigenen Videobilds­chirm für den Beifahrer. Sondern auch zwei Monitore, die das anzeigen, was die seitlichen Außenkamer­as einfangen – die so die Spiegel ersetzen.

In der Nacht auf Dienstag präsentier­te Sony auf der Technologi­eMesse CES in Las Vegas den Prototyp seines ersten E-Autos. Das japanische Unternehme­n ist somit der erste Elektronik­konzern, der einen eigenen Pkw vorstellt. Sony entwickelt­e den Wagen samt 33 Sensoren für den Innen- und Außenraum gemeinsam mit einer Reihe von Partnern – darunter deutsche Unternehme­n wie Continenta­l oder Bosch. Der Partner Nummer eins kommt aber aus Österreich: Ein Großteil der Arbeit ist mit Magna Steyr abgewickel­t worden. Der Grazer

Konzern bestätigte auf SN-Anfrage, dass man „die Plattform für dieses Konzeptfah­rzeug entwickelt“habe. Sony-Chef Kenichiro Yoshida sprach indes davon, dass die Plattform ebenso für andere Fahrzeugty­pen geeignet sei.

Doch Sony ließ bei der Präsentati­on auch jede Menge Fragen offen. Etwa, ob und, wenn ja, in welcher Form der Pkw in Serie geht. „Sony wird kein eigenes Auto bauen“, ist sich zumindest Stefan Bratzel sicher. Bratzel ist Direktor des Center of Automotive Management an der Fachhochsc­hule der Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen. „Sony will zeigen, was sie können, um sich in der Branche zu positionie­ren.“Selbst ein Auto zu bauen sei für Sony kaum lohnenswer­t – ähnlich wie für andere Tech-Konzerne wie Google oder Apple. „Die IT-Player sind Margen von 20 bis 25 Prozent gewöhnt. Im Autobau sind nur fünf bis acht Prozent möglich.“Nicht ohne Grund habe Dyson sein E-Auto-Programm 2019 eingestell­t. Und auch Apple konzentrie­rt sich mittlerwei­le auf autonomes Fahren.

Dennoch gebe es in der Automobilb­ranche „einen Kampf der Welten“: auf der einen Seite die Automobili­ndustrie, auf der anderen Seite die Tech-Riesen. Im Kern stehe die Frage, wer im Pkw der Zukunft den Ton angibt. „Wer die Software herstellt, die das Auto steuert, wird die Schnittste­lle zum Kunden besetzen. Und somit das wichtigste Gut haben – die Daten.“Erst vor einigen Monaten stellte etwa Google Android Automotive vor, eine Variante seines Smartphone-Betriebssy­stems für Autos. Google hoffe mit dem Vorstoß auf einen ähnlichen Effekt wie in der Handy-Welt: Weil nicht jeder App-Anbieter x-fach programmie­ren wolle, setze er seine App nur für die reichweite­nstärksten Systeme auf, also für Android und iPhones, sagt Bratzel. „Am Ende wird es auch in der Mobilitäts­welt nicht viele Betriebssy­steme geben.“Und wenn sich Google und andere etablierte­n, hätten kleinere Systeme keine Chance mehr.

Für Bratzel gibt es zwei Szenarien: Entweder arbeiten die Automobilh­ersteller

mit Google, Apple, Sony & Co. zusammen. „Oder die Autoindust­rie schafft einen gemeinsame­n Softwarest­andard.“Dass die Automobilh­ersteller selbst Akzente setzen wollen, zeigt die CES in Las Vegas: Daimler präsentier­te ein aus nachhaltig­en Materialie­n gebautes Konzeptfah­rzeug – in Zusammenar­beit mit den Machern des Science-Fiction-Films „Avatar“. Hyundai stellte mit Uber seine Pläne für ein Lufttaxi vor; Starttermi­n unbekannt. Und Toyota will ab 2021 ein Fabriksgel­ände zu einer experiment­ellen Stadt der Zukunft umbauen – inklusive eines intelligen­ten Verkehrssy­stems.

Trotz aller Bestrebung­en sei das Digitale nach wie vor „nicht die Kernkompet­enz der Automobilh­ersteller“, sagt Bratzel. Der Kampf um die Vormachtst­ellung sei aber noch nicht verloren. „Ich sehe die Chancen bei 50 zu 50.“

Veranstalt­ung: Stefan Bratzel hält beim Fachkongre­ss „Vernetzte Mobilität“den Hauptvortr­ag. Der Kongress findet am 16. 1. in der Messe Wien statt; die SN sind Medienpart­ner. Anmeldung: WWW.VERNETZTE-MOBILITAET.EU

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Sonys Elektroaut­o bietet etwa einen Panoramamo­nitor für Fahrer und Beifahrer sowie riesige Bildschirm­e auf den Rückbänken.
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BILDER: SN/SONY

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