Das gefährliche Spiel mit dem Feuer muss aufhören
Der Iran will vorerst eine massive Konfrontation mit den USA vermeiden. Aber auch ein Quasi-Krieg kann außer Kontrolle geraten.
Irans Truppen haben den Befehl von Revolutionsführer Ali Khamenei exekutiert und Vergeltung geübt für die Ausschaltung einer Spitzenfigur des Regimes durch die Amerikaner. Die Führung in Teheran kann ihre Militäroperation einen „Schlag ins Gesicht der USA“nennen und ihr eigenes Gesicht wahren. Doch die Rache der Iraner für Donald Trumps Extremaktion ist sichtlich begrenzt ausgefallen. Das gibt dem US-Präsidenten die Möglichkeit, nicht neuerlich zurückzuschlagen – und sein Gesicht zu wahren.
Statt einer weiteren Aufschaukelung des Konflikts bestehe plötzlich die Chance auf eine Deeskalation, heißt es. Ein kollektiver Seufzer der Erleichterung geht folglich durch die internationalen Medien.
Nichts geändert hat sich ja an der Tatsache, dass beide Seiten kein Interesse an einem großen bewaffneten Konflikt haben können. Trump will Amerika lösen aus der Verstrickung in endlose Kriege fern der Heimat. Sein Land ist kriegsmüde; und das ist eine Stimmung, die der Präsident in einem Wahljahr nicht ignorieren kann. Die Islamische Republik vermag den Amerikanern zwar militärische Nadelstiche zu versetzen. Aber sie ist militärisch zu schwach, um einen Krieg gegen die Weltmacht zu gewinnen.
Doch nichts ist mehr sicher in diesem Konflikt, der längst zu einem gefährlichen Spiel mit dem Feuer geworden ist. Möglicherweise hat das Regime des Iran mit seinem Warnschuss im Irak nur Druck aus dem Kessel gelassen, den es zuvor rhetorisch angeheizt hat. Teheran wiegt die Amerikaner in Sicherheit und lässt demnächst eine umso grimmigere Vergeltung folgen. Das könnte, so die Befürchtung, Trumps nächsten Tobsuchtsanfall auslösen.
Krass gegensätzlich sind weiterhin die Interessen der beiden Konfliktparteien. Das Ziel der Iraner ist es, die USA endgültig aus der Region zu vertreiben und damit die Vorherrschaft zu erlangen. Washington will die Expansion der Iraner bremsen und diese zugleich vom Griff nach Atomwaffen abhalten.
Aber gescheitert ist längst Trumps Versuch, den Iran mit einer Politik des maximalen Drucks zum Einlenken zu zwingen. Stattdessen hat Amerikas einseitiger Ausstieg aus dem Atomabkommen bloß die Eskalationsschraube weitergedreht. Trumps jüngste Extremaktion wirkt ebenfalls kontraproduktiv: Im Iran hat sie die Anhänger des Regimes geeint, die Gegner des Regimes aber zum Schweigen gebracht. Abgewürgt hat Trump auch die Protestbewegungen im Irak und im Libanon, die sich zuletzt gegen den wachsenden Einfluss des Iran gewendet haben.