Neues und Altes beim ersten türkis-grünen Ministerrat
Warum es die Chauffeure im Kanzleramt jetzt leichter haben und die Regierung offenbar keine Einheit sein will.
WIEN. „The same procedure as every year“, heißt es im silvesterlichen „Dinner for One“. Und das galt am Mittwoch auch bei der ersten Arbeitssitzung der neuen Regierung. Denn das traditionelle Pressefoyer nach dem Ministerrat läuft unter Türkis-Grün fast genau so ab wie davor unter Türkis-Blau.
Und doch ist an diesem Mittwoch einiges anders. Das merkt man gleich im Hof des Bundeskanzleramts. Dort, wo die schwarzen Limousinen der Minister bisher dicht an dicht standen, sodass die Chauffeure kaum umdrehen konnten, ist diesmal Platz, viel Platz. Denn die grünen Minister kommen aus symbolischen und Klimaschutz-Gründen ohne Autos.
Dafür kommen sie mit ihren Sekretären und Mitarbeitern. Diese fühlen sich im ersten Moment ein wenig fremd im Steinsaal des Kanzleramts, wo die Journalisten warten. Aber bald beginnt ein reger Telefonnummern-Austausch. Übrigens unter den gestrengen Augen von gleich vier Personenschützern, die über die Sicherheit der neuen Regierung wachen.
Dann sitzen sie zum ersten Mal rund um den grünen Ministerratstisch, die Mitglieder der Regierung Kurz/Kogler. – Heftiges Blitzlichtgewitter. Bald werden die Medienleute aus dem Saal gebeten, denn die Sitzung findet hinter verschlossenen Türen statt. Als sie sich nach gut einer Stunde wieder öffnen, beginnt das Pressefoyer, aber ohne Bundeskanzler. Vor die Presse treten stattdessen die beiden Regierungskoordinatoren: Vizekanzler Werner Kogler für die Grünen und Finanzminister Gernot Blümel für die ÖVP. An der seit den türkis-blauen Tagen unveränderten Inszenierung (Glaspulte, Fahnen) fällt nur auf, dass der Vizekanzler diesmal auf der Kanzlerseite steht.
Die Auskünfte Koglers und Blümels sowie dann auch die Fragen drehen sich ums Thema Nr. 1 – das Geld. Sprich: die kommende Steuerreform. Konkretes wird nicht verkündet, doch ein Satz Blümels gibt einen gewissen Einblick ins Innenleben der Koalition. Er sagt nämlich, die Steuerreform werde „Maßnahmen auf beiden Seiten“enthalten. Man lernt: Türkis-Grün scheint auf eine Wahrnehmung als Einheit keinen gesteigerten Wert zu legen.