Grüne Jagd nach den besten Köpfen
Die Grünen müssen auch in den Ministerbüros von null auf hundert durchstarten. Doch ihnen fehlt das Personal.
Für die Grünen bleibt kaum Zeit zum Verschnaufen. Nach den langen Regierungsverhandlungen, dem Wiederaufbau von Partei und Parlamentsklub müssen die Kabinette der grünen Minister besetzt werden. So schnell wie möglich.
Immerhin sind Minister aufgrund der Fülle an Aufgabengebieten schlicht abhängig von ihren engsten Mitarbeitern. Jeder Minister kann über das Kabinett frei entscheiden. Zur Grundausstattung gehören Kabinettchefs, Ministersprecher und Referenten zu verschiedenen Themenbereichen. Hatte der türkis-blaue Mitarbeiterstab noch knapp 400 Personen umfasst, kam die Bierlein-Regierung mit etwas weniger als 200 Mitarbeitern in den zwölf Ministerbüros aus. Allerdings bereiteten diese Kabinette auch keine Gesetze vor. Türkis-Grün wird jedenfalls wieder deutlich aufstocken (müssen).
Doch den Grünen fehlt das Personal. Schon nach dem Wiedereinzug in den Nationalrat hatte Werner Kogler freimütig bekannt: „Wir haben keinen Staff.“Für den Aufbau des Parlamentsklubs und für Tätigkeiten in der Partei sucht man bis heute Leute. Auf der Homepage der Grünen wird derzeit offensiv um Personal geworben. Gesucht werden etwa Referenten für Grundrechte, Rechtspolitik, Wirtschaftsund Budgetpolitik oder Gesundheitspolitik, aber auch Assistenten und Buchhalter. „Der Parlamentsklub sucht noch rund 30 Leute“, heißt es aus dem Büro der grünen Klubchefin Sigrid Maurer auf SNAnfrage. Als die Grünen 2017 aus dem Parlament flogen, wurde 130 Mitarbeitern gekündigt. „Nur ein paar“von ihnen sind zurückgekehrt. Immerhin wollte man die Partei auch personell auf neue Beine stellen. Die Jobvergabe für den parlamentarischen Klub hat die Öko-Partei aus „Gründen der Transparenz und der Fairness“an eine Personalberatungsfirma ausgelagert. Die Bewerbungsfrist für viele Parlamentsposten endet erst am kommenden Sonntag. Aber weil die Kabinette schnell ihre Arbeit aufnehmen müssen, werden diese zum Teil auch mit vorübergehend ausgeborgten grünen Parlamentsmitarbeitern befüllt.
Der grüne Generalsekretär Thimo Fiesel gibt sich im SN-Gespräch dennoch gelassen: Bei den Regierungsverhandlungen sei es gelungen, innerhalb kürzester Zeit Experten und einen Mitarbeiterstab aufzustellen und „auf Augenhöhe zu verhandeln“. Schon das habe gezeigt, „dass wir sehr gut aus eigenen Strukturen schöpfen können und sich auch viele Leute melden, die aktiv mitarbeiten wollen“, sagt Fiesel. „Der Klub wird sich auch strukturell anders aufstellen. Denn es ist eine völlig andere Herausforderung in einer Regierung zu sein.“Und was die Kabinette angehe, seien die Grünen so weit, „dass wir anfangen können zu arbeiten“.
Werner Kogler hat sich für sein Kabinett als Vizekanzler und Minister für öffentlichen Dienst und Sport einen intern nicht immer unumstritten gewesenen langgedienten Spitzengrünen als Kabinettschef geholt: Dieter Brosz. Der Niederösterreicher galt als „geschäftsführender Parlamentarier“lange als mächtige grün(grau)e Eminenz in Partei und Parlamentsklub. Er hatte sich nach der grünen Wahlpleite im Jahr 2017 als Verhandlungsberater selbstständig gemacht. Brosz beriet unter anderem das Team um den grünen Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi in Verhandlungstechnik. Kogler holte ihn im Wahlkampf als Strategieberater zurück. Koglers erfahrene Sprecherin Gabi Zornig bleibt als Pressesprecherin an der Seite des Vizekanzlers und soll künftig auch die Sprecher der grünen Minister koordinieren.
Auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler holt sich einen politisch sehr routinierten Mitarbeiter als Kabinettschef in ihr Megaressort. Felix Ehrnhöfer war von 1991 bis 2005 Direktor des grünen Parlamentsklubs und seit dem Vorjahr Vizekabinettschef bei Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein.
Mit Thomas Sperlich geht ein weiterer grüner Klubmitarbeiter ab. Der Jurist, der einst Geschäftsbereichsleiter in der Volksanwaltschaft gewesen ist, wird Kabinettschef im Justizministerin.
Zeitungsberichte, wonach die frühere Grün-Abgeordnete Ruperta Lichtenecker Kabinettschefin von Sozialminister Rudi Anschober werden soll, wurden nicht bestätigt. „Es ist noch nicht fixiert, wer es wird“, erklärte der Sprecher Anschobers auf SN-Anfrage.
Die ÖVP lässt erneut mächtige – gegenüber den Sektionschefs weisungsbefugte – Generalsekretäre in den Ministerien aufmarschieren. Die politischen Vertrauensleute in den Ressorts waren seit ihrer Einführung durch Türkis-Blau höchst umstritten. Die Übergangsregierung hatte auf die Posten verzichtet.
Kanzler Sebastian Kurz holt seinen früheren Kabinettschef Bernd Brünner als „General“ins Kanzleramt. Im Außenministerium avanciert Ex-Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal zum Generalsekretär. Dieter Kandlhofer übernimmt diese Funktion im Verteidigungsministerium. Dieter Schuster kehrt als „General“ins Finanzministerium zurück. Der Tiroler Landespolizeidirektor Helmut Tomac übernimmt die Topfunktion im Innenministerium.
Und die Grünen? Sie denken immerhin über die umstrittenen Superjobs nach. Die Frage, ob auch die Grünen in ihren Ressorts Generalsekretäre installieren sei derzeit noch offen, erklärt die Sprecherin Koglers. Aufgrund der Größe mancher Ministerien könnte eine derartige Funktion aber „Sinn machen“. Parteimanager Thimo Fiesel fügt aber hinzu, dass Generalsekretäre in grünen Ressorts – wenn überhaupt – „quasi aus der Substanz des Ministeriums generiert und nicht politisch besetzt“werden sollen.
Schließlich hatte Werner Kogler angesichts der Generalsekretäre noch im Jahr 2018 von sich massiv breit machendem „Politkommissartum“gesprochen.
„Viele wollen jetzt aktiv mitarbeiten.“
Thimo Fiesel, Grünen-Generalsekretär