Eine Pipeline überwindet die politischen Konflikte
In Syrien und in Libyen unterstützen sie die jeweils andere Seite, beim Gas finden die Türkei und Russland zusammen.
Feierstimmung mit Einschränkungen am Bosporus: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin haben Mittwoch in Istanbul die russisch-türkische Erdgas-Pipeline Turkish Stream eingeweiht. Die rund 930 Kilometer lange Leitung durch das Schwarze Meer soll die Türkei jährlich mit bis zu 15,75 Milliarden Kubikmetern Gas aus Russland versorgen. Die Türkei ist einer der größten Abnehmer von russischem Erdgas. Ein zweiter Teil der Pipeline soll die gleiche Menge Gas in den Süden und Südosten Europas bringen.
Zuvor hatten Putin und Erdoğan über die Krisen in Libyen und Syrien gesprochen. In beiden Ländern unterstützen Russland und die Türkei unterschiedliche Konfliktparteien.
Erdoğan und Putin riefen dazu auf, dass in der Nacht auf kommenden Sonntag in Libyen eine Waffenruhe in Kraft treten solle. In Libyen herrscht seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gadafi 2011 Bürgerkrieg. Die Türkei unterstützt dort die international anerkannte Regierung von Ministerpräsident Fayiz as-Sarradsch, die mit dem General Khalifa Haftar und dem Parlament um die Macht kämpft, erst dieser Tage wurden 35 türkische Soldaten dorthin entsandt. Russland steht aufseiten Haftars, der unter anderem von Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt wird.
Außerdem sprachen sich die Präsidenten im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen entschieden dafür aus, „alle Probleme im
Persischen Golf und in der gesamten Region ausschließlich auf friedlichem Wege und im Einklang mit dem Völkerrecht zu lösen“. Die Türkei wolle nicht, dass sie „zur Bühne von Stellvertreterkriegen“würden, sagte Erdoğan. „In unserer Region hat keiner mehr die Kraft, neue Preise zu bezahlen. Niemand hat das Recht, nur um seines eigenen Profits willen besonders den Irak und die gesamte Region in einen neuen Feuerkreis zu werfen.“
Die am Mittwoch eröffnete Pipeline werde dabei helfen, die Energiesicherheit in ganz Europa zu verbessern, sagte Putin beim Festakt und kündigte weitere gemeinsame
Projekte an. Erdoğan fügte hinzu: „Wir haben nicht zugelassen, dass die Meinungsverschiedenheiten der letzten Zeit unsere gegenseitigen Interessen blockieren.“
Turkish Stream soll die Türkei und Europa auf dem Weg durch das Schwarze Meer und damit unter Umgehung der Ukraine mit russischem Erdgas versorgen. Turkish Stream ist ebenso wie die geplante Pipeline Nord Stream 2, die russisches Gas durch die Ostsee nach Deutschland transportieren soll und auch die Ukraine umgeht, international heftig umstritten. Die USA hatten gegen an den Pipelineprojekten beteiligte Firmen Sanktionen verhängt. Sie begründen die Strafmaßnahmen unter anderem mit dem Schutz des GastransitLandes Ukraine.