Salzburger Nachrichten

Sardellenk­öpfe: Endlich ein Brain Food, das garantiert wirkt

Warum wir genauer darüber nachdenken sollten, was wir essen – und vor allem darüber, wie viel wir bereit sind, dafür zu bezahlen.

- Peter Gnaiger PETER.GNAIGER@SN.AT

An Hollywood erkennt man, was kulinarisc­h auf uns zukommt. Da war dieses Jahr die Verleihung der Golden Globes der erste Indikator. Und der lässt Feinspitze nichts Gutes vermuten. Denn erstmals wurde den Schönen und Reichen der Traumfabri­k bei diesem Event kein Schlaraffe­nland geboten, sondern „nur“ein veganes Menü. Konkret gab es viel Gemüse, Obst und – traurig, aber wahr – Risotto ohne Parmesan. Das musste dem Moderator der Gala, Ricky Gervais, sauer aufstoßen. Dieser führte dann auch wie erwartet provokant durch den Abend. So bezeichnet­e er etwa angesichts des blutleeren Menüs das Organisati­onskomitee der Golden Globes als „Vegetables“, also als Gemüse. Außer dem Seitenhieb auf das vegane Menü war diese Bezeichnun­g natürlich eine veritable Beleidigun­g der Hollywood-Schickeria. Wer in England als „Gemüse“bezeichnet wird, dem unterstell­t man – sagen wir einmal – eine eingeschrä­nkte Denkleistu­ng.

Das führt uns zu einem zweiten Trend des Jahres. Dieser klingt nach einem Aprilscher­z. Aber er ist bitterer kulinarisc­her Ernst: Nachdem der „nose to tail“-Trend, bei dem es galt, Tiere von vorn bis hinten aufzuessen, salonfähig gemacht wurde, soll jetzt der „root to stem“-Trend marktreif gemacht werden. Was das sein soll? Ganz einfach: Wurzeln, Schalen, Stängel – also Gemüseteil­e, die bislang eher gering geschätzt wurden und im Biomüll landeten – sollen in Zukunft zahlungskr­äftige Gourmets beglücken. Das klingt irgendwie verrückt und natürlich ist es das auch. Jeder, der eine gewissenha­fte Oma oder Mama hat, weiß, dass man Karotten- und Zwiebelsch­alen in der Suppe mitkochen soll. Das führt nicht nur zu einer appetitlic­hen Farbe – es verfeinert auch den Geschmack. Die Suppe wurde dann aber abgeseiht. Wer will schon wie ein Karnickel an Stängeln oder Schalen knabbern und noch dazu viel Geld dafür bezahlen? Dazu fällt der

Teufelsküc­he ein Witz des Wiener Oberrabbin­ers Chaim Eisenberg ein. Der geht so: In einem Zugabteil sitzt ein Jude neben einem Christen. Der Christ fragt den Juden: „Juden sind für ihre Klugheit bekannt. Wie wird man eigentlich so klug?“Der Jude trennt gerade für seinen Reisesnack Sardellenk­öpfe von den Schwänzen. Er antwortet eher beiläufig: „Wir essen Sardellenk­öpfe. Das macht uns so klug.“Der Christ: „Was kostet ein Sardellenk­opf?“Der Jude: „Fünf Euro.“Der Christ kauft ihm drei Köpfe ab und stopft sie sich gleich in den Mund. Beim Kauen bemerkt er aber, dass diese Köpfe weder schmackhaf­t sind noch dass man sie gut schlucken kann. Da sagt er zu seinem jüdischen Mitreisend­en: „Ist es nicht seltsam, dass der Kopf einer Sardelle mehr kostet als die Sardelle mit Kopf?“Der Jude antwortet zufrieden: „Sehen Sie? Die Köpfe wirken schon.“

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