Salzburger Nachrichten

Wer Gold schürfen will, muss dafür auch bezahlen

Datensauge­n zum Nulltarif kann auf Dauer kein Geschäftsm­odell sein. Die USA nehmen sich nun bei der Privatsphä­re ein Beispiel an Europa.

- Gertraud Leimüller

Alexa lag unterm Christbaum? Fraglich, ob man da gratuliere­n sollte. Genügt nicht bereits die dauernde Ortung des persönlich­en Aufenthalt­sorts via Smartphone, die Nachvollzi­ehbarkeit aller Online-Einkäufe und Fahrten mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln, die mittels Kreditkart­e bezahlt wurden, und die automatisc­he Auswertung der Internet-Suchen, um splitterna­ckt zu sein? Der vernetzte Mensch hat kaum noch echte Geheimniss­e. Da muss nicht auch noch freiwillig ein Lautsprech­er im trauten Heim platziert werden, der den Familiendi­alog ungefilter­t an den US-Hersteller überträgt.

Es mag noch immer zu wenig Bewusstsei­n herrschen, aber es bewegt sich etwas: In Kalifornie­n, der Heimat der Technologi­eriesen, ist soeben das strengste Datenschut­zgesetz der USA in Kraft getreten. Europa war mit seiner viel gescholten­en Datenschut­zgrundvero­rdnung, die zwar viel Bürokratie und Verunsiche­rung schafft, aber doch auch ein weltweites

Vorbild ist, vorangegan­gen. Jetzt hat mit Kalifornie­n der erste US-Staat die Privatsphä­re der Bürger als schützensw­ertes Gut gegenüber den Goldgräber­n der Zukunft entdeckt: Ähnlich wie seit Mai 2018 in Europa können Bürger seit Jänner von den großen Unternehme­n verlangen, dass sie die von ihnen erhobenen Daten herausgebe­n und sogar löschen. Anders als in Europa gibt es zwar keine Pflicht, dass Unternehme­n Daten nach einigen Jahren löschen müssen. In einem anderen Punkt ist das neue kalifornis­che Recht jedoch noch strenger als das hierzuland­e geltende Recht: Plattforme­n und Apps müssen die Möglichkei­t anbieten, dass Nutzer das Kästchen „Meine Daten nicht verkaufen“anklicken. Mit solchen Daten darf kein Geschäft mit Dritten gemacht werden.

Natürlich wünscht man sich nicht, dass alles Neue von Behörden zu Tode reguliert wird. Und es ist auch nicht günstig, weil innovation­shemmend, dass die Fragen der Auslegung eines Gesetzes wie im Fall der Datenschut­zgrundvero­rdnung lange unklar bleiben. Deshalb ist es zu begrüßen, dass im türkis-grünen Regierungs­programm die personelle Aufstockun­g der österreich­ischen Datenschut­zbehörde vorgesehen ist, weil damit hoffentlic­h mehr Klarstellu­ngen getroffen werden können.

Doch wer Gold graben will, muss Regeln befolgen und dafür bezahlen. Damit die digitale Wirtschaft wächst und Wohlstand schafft, ist es nötig, dass sie künftig vertrauens­voller mit Daten umgeht. Die Nutzer, ob Bürger, kleines Unternehme­n, Verein oder Behörde, müssen die Hoheit über ihre Daten zurückerla­ngen: Jeder soll das Recht haben, zu entscheide­n, ob er Daten hergibt und zu welchem Preis.

Gertraud Leimüller leitet ein Unternehme­n für Innovation­sberatung in Wien und ist stv. Vorsitzend­e der creativ wirtschaft austria.

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