Wettlauf um Fördergeld für saubere Energie
Die Windkraftbetreiber hoffen auf Rückenwind beim Ausbau durch die neue Regierung. Andere betonen den Vorteil von Biogasanlagen.
WIEN. Die Pläne der neuen türkisgrünen Regierung in Sachen Klimaschutz und Umbau der Energieversorgung beflügeln Vertreter aller Formen erneuerbarer Energien. Das Ziel, bis 2030 auf 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen umzustellen, bleibt. Neu dazu kommen der Plan, Österreichs Wirtschaft bereits bis 2040 CO2-neutral zu machen, und nicht zuletzt die Absicht, einen zehnjährigen linearen Ausbauplan für Photovoltaik, Windund Wasserkraft vorzulegen.
Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft, des Interessenverbandes der Branche, setzt große Hoffnung auf die in Aussicht gestellten „konstanten Bedingungen“. Die Windkraft war von Änderungen der Ökostrom-Förderungen und jährlichen Kontingenten in den vergangenen Jahren besonders betroffen. Zwar erzeugten die 1340 Windräder, die mittlerweile in Österreich stehen, im Vorjahr sieben Mrd. Kilowattstunden Strom oder elf Prozent des Verbrauchs. Allerdings könnte bereits mehr als doppelt so viel Windstrom ins Netz fließen, müssten die Projekte nicht im Durchschnitt 3,5 Jahre auf Förderverträge warten, sagte Moidl am Mittwoch.
2019 wurden 49 neue Windräder errichtet – fünf Jahre davor waren es 143 –, abzüglich abgebauter alter Anlagen nur 33. Dieses Jahr erwartet der Branchenverband netto 18 neue Windräder. Der Grund: Ein Teil der Fördergelder wurde auf 2019 vorgezogen, um einen Teil der Warteschlange, die sich bis dahin gebildet hat, schneller abzubauen. Was passiert, wenn fertig genehmigte Windparks sieben, acht Jahre auf die Umsetzung warten, beschreibt Markus Winter von der Windkraft Simonsfeld: Nicht nur
Technik und Einspeistarife änderten sich in der Zwischenzeit. Oft sei in einer Gemeinde ein neuer Bürgermeister im Amt oder das betroffene Grundstück an die nächste Generation vererbt. Dann müssten solche Projekt umgeplant und erneut genehmigt werden, was zu weiterem Zeitverlust führe.
Nach Ansicht des Fachverbands Gas Wärme sollte Österreich jedoch nicht nur auf Ökostrom setzen, sondern „Grünes Gas“– als Ersatz für Erdöl und -gas – mit Marktprämien fördern. Laut einer dazu in Auftrag gegebenen Studie käme der Bau von effizienten Biomethan-Anlagen das Land viel günstiger, als einfach nur mehr Windräder und PV-Anlagen zu bauen, die teure Ausgleichsenergie brauchen, wenn Flaute herrscht oder Nacht ist. „Gas ist speicherbar“, sagt Eva Pichler, Professorin am Institut für Volkswirtschaftspolitik und Industrieökonomik der WU und eine der Studienautorinnen. Österreich sei mit seinen Gasspeichern dafür prädestiniert.
Grünes Gas könne der „Game Changer“für wettbewerbsfähige
Energieversorgung und die Reduktion von CO2 sein, sagt Christian Helmenstein, Chef des EconomicaInstituts, das an der Studie mitgewirkt hat. Laut Fachverband ließen sich allein aus agrarischen Reststoffen zwei Milliarden Kubikmeter Biomethan erzeugen – ein Viertel des heimischen Gasverbrauchs. Gerade bei Gülle ließen sich so CO2Emissionen vermeiden. Künftig werde es einem „mittelalterlich“vorkommen, dass früher Gülle einfach so auf die Felder ausgebracht worden sei, sagt Helmenstein.