Das Zauchensee-Spektakel: Von 0 auf 125 in fünf Sekunden
Die Kälberloch-Strecke verlangt Mut, Können und Fitness. Michael Walchhofer über die vielleicht schwierigste Damenabfahrt.
ZAUCHENSEE. Vier Wochen lang war die Speedelite im Damenskiweltcup zum Zuschauen verurteilt. Dafür sind die Wetterprognosen vielversprechend, dass die schnellsten Frauen am Samstag (Abfahrt, 11.45 Uhr) und Sonntag (Kombination, 9.15/11.45) in Zauchensee für ein Spektakel sorgen. Denn für ein Spektakel steht die Kälberlochstrecke, die zu den schwierigsten und selektivsten Abfahrten zählt.
„Diese Abfahrt verlangt Mut und Überwindung, hat Sprünge und Gleitpassagen, ist technisch und körperlich sehr anspruchsvoll. Kurz gesagt: Sie hat alles, was eine attraktive Abfahrt ausmacht“, erklärt Michael Walchhofer. Wohl niemand kennt die Strecke besser als der Hotelier und nunmehrige OK-Chef in seinem Heimatort. Gleich der extrem steile Startschuss vom Gamskogel hat es mit 70 Prozent Neigung in sich. In rund fünf Sekunden beschleunigen die Frauen. auf bis zu 125 km/h. Was der 44-Jährige als ehemaliger Rennfahrer „reizvoll“ nennt, flößt dem Beobachter nur beim Blick aus dem Starthaus zumindest großen Respekt ein. „Bei dem Tempo bist du in der anschließenden Kompression gleich körperlich gefordert“, sagt Walchhofer. Die erste Schlüsselstelle heißt Hotair. „Technisch sehr anspruchsvoll. Da nimmst du den Schwung mit, oder eben nicht“, erklärt der 44-Jährige. Das selbe gilt für die Kälberloch-Einfahrt. Die folgende Panoramakurve nennt Walchhofer als das „Highlight“der Passage.
„Und dann spürst du die Oberschenkel erst so richtig“, sagt der Weltmeister von 2003. Ob die Schmalzleiten ihren Namen „Schmalz“vom finalen Kraftakt hat, ist nicht überliefert. „Jedenfalls ist hier die Gefahr, dass der Zielsprung unterschätzt wird. Weil er zwar nicht irrsinnig weit ist, aber die Läuferinnen körperlich schon zu kämpfen haben.“Knapp zwei Minuten Fahrzeit bringen jede einzelne Athletin an ihre Grenze.
Walchhofer, der 19 Weltcuprennen und drei Mal Abfahrtskristall gewann sowie fünf Medaillen bei
Großereignissen holte, scheut auch gar nicht den Vergleich mit HerrenAbfahrten. „Die Kälberloch könnte sich definitiv im Herren-Kalender sehen lassen. Klar, es ist nicht Kitzbühel oder Wengen, aber mit Lake Louis oder Kvitfjell kann sie mehr als nur mithalten“, sagt er. „Bei den Herren würde man noch nachjustieren. Das alles ist bei den Damen nicht überstrapaziert, weil es schon schwierig genug ist.“
Das zu erwartende Kaiserwetter vom heutigen ersten Training bis Sonntag weckt sogar wieder den Renninstinkt in Walchhofer. „Es juckt mich schon“, sagt er. Dabei hat er als neuer OK-Chef genügend Arbeit. Die diesmal belohnt wird. „Zum ersten Mal seit 2014 können wir wieder von ganz oben starten.“