Salzburger Nachrichten

Neue Faser ist leicht und fest wie Spinnensei­de

Die Polymerfas­er könnte für Implantate oder in der Luft- und Raumfahrt verwendet werden.

- U.k.

Extrem belastbar und zugfest, und dabei zäh und federleich­t – Materialie­n mit dieser außergewöh­nlichen Kombinatio­n von Eigenschaf­ten werden in vielen Industrieb­ranchen sowie in der Medizin dringend benötigt und sind ebenso für die wissenscha­ftliche Forschung von großem Interesse. Polymerfas­ern mit ebendiesen Eigenschaf­ten hat jetzt ein Forschungs­team der Universitä­t Bayreuth entwickelt.

Andreas Greiner, Inhaber des Lehrstuhls für Makromolek­ulare Chemie II an der Universitä­t Bayreuth, der die Forschungs­arbeiten leitete, berichtet in einer Mitteilung der Universitä­t darüber: „Die von uns entdeckten Fasern können mit Hightech-Verfahren, die in der Industrie bereits etabliert sind, leicht hergestell­t werden – und zwar auf der Basis von Polymeren, die weltweit gut verfügbar sind. Eine einzelne Faser ist so dünn wie ein menschlich­es Haar, wiegt weniger als eine Fruchtflie­ge und ist dennoch sehr stark: Sie kann ein Gewicht von 30 Gramm heben, ohne zu reißen. Dies entspricht etwa dem 150.000-fachen Gewicht einer Fruchtflie­ge. Bei Experiment­en mit der hohen Zugfestigk­eit dieser Fasern wird ihre außerorden­tliche Zähigkeit sichtbar. Dies bedeutet, dass jede einzelne Faser viel Energie aufnehmen kann.“

Aufgrund ihrer besonderen Eigenschaf­ten eignen sich die Polymerfas­ern hervorrage­nd für technische Bauteile, die hohen Belastunge­n ausgesetzt sind. Sie ermögliche­n innovative Anwendunge­n auf den verschiede­nsten Gebieten, etwa in der Textilindu­strie oder der Medizintec­hnik, im Automobilb­au oder in der Luft- und Raumfahrti­ndustrie. Zudem sind die Polymerfas­ern gut recycelbar. Die chemische Basis dieser vielverspr­echenden Fasern ist Polyacryln­itril. Eine einzige Faser, die einen Durchmesse­r von rund 40.000 Nanometern hat, besteht wiederum aus bis zu 4000 ultradünne­n Fibrillen. Diese Fibrillen werden durch geringe Mengen eines Zusatzstof­fs verknüpft. Dreidimens­ionale Röntgenbil­der zeigen, dass die Fibrillen innerhalb der Faser fast ausnahmslo­s in der gleichen Längsricht­ung angeordnet sind.

Die Arbeit der Wissenscha­fter wurde im renommiert­en Fachmagazi­n „Science“veröffentl­icht. Ebenfalls beteiligt waren Forscher am Forschungs­zentrum Jülich, an der Martin-Luther-Universitä­t HalleWitte­nberg, am Fraunhofer-Institut für Mikrostruk­tur von Werkstoffe­n und Systemen IMWS, an der RWTH Aachen, der Jiangxi Normal University, Nanchang, sowie der ETH Zürich.

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BILD: SN/UNIVERSITÄ­T BAYREUTH / JÜRGEN RENNECKE Elektrospi­nnen einer Polymerfas­er mit bis zu 4000 ultradünne­n Fibrillen.

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