Salzburger Nachrichten

Der Standort bestimmt den Standpunkt

- Manfred Perterer MANFRED.PERTERER@SN.AT

Die Position der Generalsek­retäre in österreich­ischen Ministerie­n war keine Erfindung der türkis-blauen Regierung. Solche Oberaufpas­ser im undurchdri­nglichen Bürokratie­dschungel hat es schon zu Zeiten der Großen Koalition aus SPÖ und ÖVP gegeben.

Der Grund, warum schon damals den vielen Sektionsch­efinnen und -chefs in großen Ministerie­n noch eine Aufsicht zur Seite gestellt wurde, ist nachvollzi­ehbar: Die Ministerin­nen und Minister, selbst meist nicht vom Fach, brauchten jemanden, der ihnen bei der Durchsetzu­ng ihrer politische­n Ziele gegenüber störrische­n Beamten hilfreich zur Seite stand. Vor allem in großen, unübersich­tlichen Ministerie­n war es sinnvoll, jemanden als Koordinato­r in der Hierarchie ganz oben zu platzieren.

Erst unter Türkis-Blau bekam die Position des Generalsek­retärs (es gab nur eine Frau in dieser Position) einen negativen Beigeschma­ck. Vor allem die FPÖ setzte nicht nur ausgewiese­ne Fachbeamte als Generalsek­retäre ein, sondern suchte sich auch willfährig­e Parteigäng­er für diese Posten.

Jetzt, da nicht mehr die Blauen, sondern die Grünen mit der ÖVP regieren, sahen manche Beobachter auch das Ende der Generalsek­retariate kommen. Hatte doch Grünen-Chef Werner Kogler, damals noch in der außerparla­mentarisch­en Opposition, in dem Zusammenha­ng vom „Politkommi­ssartum“gesprochen und damit einen Zusammenha­ng mit den Personalst­rukturen autoritäre­r Regime hergestell­t.

Doch wie so oft im Leben bestimmt auch bei den Grünen manchmal der Standort den Standpunkt. Sie kommen jetzt drauf, dass Regieren gar nicht so einfach ist und dass man zur Durchsetzu­ng politische­r Ziele die verliehene Macht auch einsetzen muss. Das geht schlecht, wenn einzelne Beamte aktiv dagegenarb­eiten.

Wer als Ministerin oder Minister Erfolg haben will, braucht nicht nur fähige, sondern auch loyale Mitarbeite­r. Es wird folgericht­ig nicht nur türkise, sondern auch grüne Generalsek­retäre geben. Was gestern noch schrecklic­h war, ist heute gar nicht mehr so schlecht.

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