Ein Mord im Königreich
Eine Geschichte wie aus einem Politthriller: Eine Frau wird erschossen. Sie ist die Ex-Gattin des Premierministers von Lesotho, Tom Thabane. Er und die neue First Lady des afrikanischen Königreichs gelten nun als tatverdächtig.
MASERU. Lesotho, das „Königreich im Himmel“: Auf einem der Hügel, die die Hauptstadt Maseru säumen, wird 2017 eine Frau aus nächster Nähe erschossen. Zwei Tage später wird ihr Ehemann als Ministerpräsident des afrikanischen Königreichs vereidigt. Neue Indizien deuten auf einen Auftragsmord hin. Der Regierungschef kündigte nun seinen Rücktritt an. Und die neue First Lady ist auf der Flucht.
Lesotho zählt zwei Millionen Einwohner. Knapp 60 Prozent davon leben in Armut. Strategisch für die meisten Staaten unbedeutend, konzentriert sich die Zusammenarbeit weitgehend auf Entwicklungshilfe.
In den vergangenen 54 Jahren lieferten sich Armee und Polizei immer wieder Kämpfe um die Vormacht, wurden ranghohe Militärvertreter ermordet und mussten ausländische Friedenstruppen intervenieren.
Jetzt wird in Lesotho offenbar an einem Politthriller geschrieben, der die besten Krimiautoren alt aussehen lassen könnte. Hauptdarsteller sind Ministerpräsident Tom Thabane und seine dritte Ehefrau Maesiah. Thabane diente bereits von 2012 bis 2015 als Regierungschef, musste während eines versuchten Armeeputsches kurzfristig ins südafrikanische Exil fliehen und wurde 2017 wiedergewählt. Seine Amtseinführung vor zweieinhalb Jahren wurde überschattet von der Nachricht vom Tod seiner zweiten Ehefrau Lipolelo Thabane. Medien beschrieben das Verhältnis der beiden als „zerstritten“. Seit fünf Jahren hätten sie in Scheidung gelebt, ehe ein Schuss den Rosenkrieg beendete.
Nun gab es im Mordfall neue Entwicklungen. So sollen Telefonaufzeichnungen beweisen, dass vom Tatort aus ein Anruf an eine Nummer getätigt worden sei, die auf den
Premierminister angemeldet sei. Die Ermittler forderten Thabane auf, den Anrufer bekannt zu geben, der zum Zeitpunkt des Anschlags offenbar am Tatort war.
Unterdessen fahndet Lesothos Polizei nach Maesiah Thabane, die der Premier kurz nach dem Mord an seiner früheren Frau heiratete. Die First Lady sollte in der Mordsache vor Gericht aussagen, tauchte jedoch unter. Nun wird sie per Haftbefehl gesucht. Spekulationen zufolge habe sie sich an der Seite ihres 80-jährigen Ehemanns in der offiziellen Residenz des Regierungschefs verschanzt.
Nach langem Schweigen zog Thabane nun die Konsequenzen: Er hat Berichten zufolge den König und sein Kabinett über seinen bevorstehenden Rücktritt informiert. Wer Thabanes Amt übernehmen soll, ist derzeit noch unklar.
Aktivisten und die Opposition hatten Thabane bereits vor zwei Wochen zum Rücktritt aufgefordert. Zuletzt wuchs dann auch noch der Druck aus der eigenen Partei, der regierenden All Basotho Convention. Der stellvertretende Parteiführer, Nqosa Mahao, betonte: „Der Regierungschef ist der Wächter über die Rechtsstaatlichkeit. Jetzt ist er Verdächtiger in einem ernsten Verbrechen. Er muss unverzüglich abtreten.“Die Koalition, die Thabane vor drei Jahren zum Regierungschef machte, betrachtet ihn nun als „Gefahr für die Nation“.