Die Traumdeutung ist zum Irrgarten geworden
Mit Sigmund Freuds Entdeckung des Unbewussten lässt sich auch das Theater als Ort der (Ent-)Täuschung enttarnen.
Im Akademietheater setzt sich das britisch-irische Künstlerduo Dead Centre mit Sigmund Freuds Traumdeutung auseinander. Freuds therapeutischer Ansatz des freien Assoziierens wird hier zur künstlerischen Form (oder vielmehr Formlosigkeit) erklärt. In performativ-visuellen Assoziationen zur Psychoanalyse lässt das Stück buchstäblich hinter die Leinwand blicken, wo Freuds Thesen zum Ödipuskonflikt, zum Elektrakomplex und zum Penisneid ebenso auftauchen wie seine eigene Identifikation mit dem Feldherrn Hannibal.
In der Frage nach der Bedeutung des Traums streift die Inszenierung neurologisches, historisches und philosophisches Wissen, liefert ein wenig Zeitgeschichte oder biografische Aspekte, verschiebt Räume und Zeiten, denn schließlich versteht sich der Abend selbst bloß nur als ein Traum. Als roter Faden dient die Analyse eines persönlichen Traums. Dass „jemand aus dem Publikum“geholt wird, die dann (Frauen bevorzugt) in der Deutung eines Traums durch den Abend leitet, mag eine schöne Reminiszenz an die Art von Theater sein, die man interaktiv nennt, allein: Schnell wird das Abgekartete des Abends klar, die Chance für das „Spiel im Spiel“wird leider vergeben. Dabei hätte gerade diese Idee der Glaubwürdigkeit des Unterfangens enormen Auftrieb geben können, wäre sie nur mit mehr Verve und Feinfühligkeit umgesetzt.
Selbst bei bestem
Willen, dem
Text etwas abzugewinnen, bleiben viel zu oft schale Leerstellen und es dominiert das Hoffen auf die eine oder andere von Freud besetzte Perle, an die man sich klammert. Leicht hat man es dabei nicht, wenn auch zwischendurch ein schöner Running-Gag-Versuch gesetzt wird: In den Traumerzählungen der Protagonisten taucht immer wieder als Gemeinsamkeit Rockmusiker Alice Cooper auf, der für einen Kellner am Wiener Veranstaltungsort „Arena“gehalten wird. Bald jedoch wirkt auch diese Pointe aufgesetzt.
Auch treffen die Schauspieler (Alexandra Henkel, Tim Werths, Philipp Hauß und Johannes Zirner) selten einen echten Ton, was daran liegen mag, dass sie möglicherweise dem platten Text nicht vertrauen. Selbst Momente großer Aufgeregtheit
geraten zu Outrage. Dass man sich hier in einer Produktion der höchsten österreichischen Theaterliga befindet, kann man vielleicht am technischen Aufwand ermessen, nicht aber an der inszenatorischen und schauspielerischen Qualität. Wenn sich das Ensemble beim Applaus in grünen Bodysuits verbeugt, deutet das zwar darauf hin, dass die meisten Szenen der vielen projizierten Videos live gespielt wurden, genauso gut kann es sich aber auch um vorab gedrehte Einspielungen handeln. So oder so wird die Antwort den Abend zu keinem sehenswerten machen.
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