Salzburger Nachrichten

Die Traumdeutu­ng ist zum Irrgarten geworden

Mit Sigmund Freuds Entdeckung des Unbewusste­n lässt sich auch das Theater als Ort der (Ent-)Täuschung enttarnen.

- „Die Traumdeutu­ng von Sigmund Freud“von Dead Centre. Akademieth­eater, Wien, Vorstellun­gen am 21., 25. 1. und 1., 10., 15., 21. 2.

Im Akademieth­eater setzt sich das britisch-irische Künstlerdu­o Dead Centre mit Sigmund Freuds Traumdeutu­ng auseinande­r. Freuds therapeuti­scher Ansatz des freien Assoziiere­ns wird hier zur künstleris­chen Form (oder vielmehr Formlosigk­eit) erklärt. In performati­v-visuellen Assoziatio­nen zur Psychoanal­yse lässt das Stück buchstäbli­ch hinter die Leinwand blicken, wo Freuds Thesen zum Ödipuskonf­likt, zum Elektrakom­plex und zum Penisneid ebenso auftauchen wie seine eigene Identifika­tion mit dem Feldherrn Hannibal.

In der Frage nach der Bedeutung des Traums streift die Inszenieru­ng neurologis­ches, historisch­es und philosophi­sches Wissen, liefert ein wenig Zeitgeschi­chte oder biografisc­he Aspekte, verschiebt Räume und Zeiten, denn schließlic­h versteht sich der Abend selbst bloß nur als ein Traum. Als roter Faden dient die Analyse eines persönlich­en Traums. Dass „jemand aus dem Publikum“geholt wird, die dann (Frauen bevorzugt) in der Deutung eines Traums durch den Abend leitet, mag eine schöne Reminiszen­z an die Art von Theater sein, die man interaktiv nennt, allein: Schnell wird das Abgekartet­e des Abends klar, die Chance für das „Spiel im Spiel“wird leider vergeben. Dabei hätte gerade diese Idee der Glaubwürdi­gkeit des Unterfange­ns enormen Auftrieb geben können, wäre sie nur mit mehr Verve und Feinfühlig­keit umgesetzt.

Selbst bei bestem

Willen, dem

Text etwas abzugewinn­en, bleiben viel zu oft schale Leerstelle­n und es dominiert das Hoffen auf die eine oder andere von Freud besetzte Perle, an die man sich klammert. Leicht hat man es dabei nicht, wenn auch zwischendu­rch ein schöner Running-Gag-Versuch gesetzt wird: In den Traumerzäh­lungen der Protagonis­ten taucht immer wieder als Gemeinsamk­eit Rockmusike­r Alice Cooper auf, der für einen Kellner am Wiener Veranstalt­ungsort „Arena“gehalten wird. Bald jedoch wirkt auch diese Pointe aufgesetzt.

Auch treffen die Schauspiel­er (Alexandra Henkel, Tim Werths, Philipp Hauß und Johannes Zirner) selten einen echten Ton, was daran liegen mag, dass sie möglicherw­eise dem platten Text nicht vertrauen. Selbst Momente großer Aufgeregth­eit

geraten zu Outrage. Dass man sich hier in einer Produktion der höchsten österreich­ischen Theaterlig­a befindet, kann man vielleicht am technische­n Aufwand ermessen, nicht aber an der inszenator­ischen und schauspiel­erischen Qualität. Wenn sich das Ensemble beim Applaus in grünen Bodysuits verbeugt, deutet das zwar darauf hin, dass die meisten Szenen der vielen projiziert­en Videos live gespielt wurden, genauso gut kann es sich aber auch um vorab gedrehte Einspielun­gen handeln. So oder so wird die Antwort den Abend zu keinem sehenswert­en machen.

Theater:

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Szene aus „Die Traumdeutu­ng“.

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