Als ich den Tod verkaufte
ICHbeschäftige mich von Berufs wegen mit Sprache – aber auch darüber hinaus. Dabei geht es mir einzig um die Freude am Erkenntnisgewinn an sich. Das Spannende daran ist ja, dass man viel über Geschichte und gesellschaftliche Werte der Sprechenden erfährt. Dass der Name des spanischen Flusses Guadalquivir aus dem Arabischen kommt und auf „Wadi al kebir“(großes Tal bzw. Fluss) zurückgeht, mag Sie nicht überraschen. Aber die arabische Sprache liefert uns noch mehr Unterhaltsames. „Rabbat el beit“etwa heißt „Hausfrau“. Wörtlich übersetzt bedeutet es „Göttin des Hauses“. Man stelle sich vor, hierzulande stünden berufstätigen Rabenmüttern plötzlich Hausgöttinnen gegenüber – das wäre eine neue Dimension des ideologischen Kampfes. Das bringt uns zur Frage, was mit den Hausmännern ist. Nun, das Konzept des Hausmannes – bei uns schon selten – war für Araber bisher so undenkbar, dass es dafür keine Entsprechung in ihrer Sprache gibt. Am ehesten kann man – so hat es mir eine arabischkundige Iranerin versichert – den arabischen Hausmann mit „atil wa batil“umschreiben. Das ist Lichtjahre entfernt vom „Hausgott“, heißt es doch nichts anderes als „arbeits- und nutzlos“.
Viel zu lernen gibt es für mich aber auch bei den Dialekten, denen ich in Salzburg begegne. „Tat’n, da Tee tat“ist einer meiner Lieblingssätze. Das ist Pinzgauerisch und heißt so viel wie „Vater, der Tee wäre fertig“. Ich finde das faszinierend, erwarte aber nicht, dass Sie meine Begeisterung dafür teilen. Dazu muss man wissen, dass ich dialektlos erzogen worden bin. Wenn Sie mich sprechen hören, können Sie unmöglich erraten, wo ich aufgewachsen bin. Das tut aber nichts zur Sache, schließlich geht es stets darum, sich seinem Umfeld anzupassen. Integration nennt man das.
Und darin bin ich ziemlich gut. Wenn ich „z’ Sekira“bin – (zur Sicherheit: Das bedeutet „in Seekirchen“) –, dann kommt mir „Koutgumperding“für den Ortsteil Kothgumprechting genauso leicht über die Lippen wie – jetzt halten Sie sich bitte fest: „Droaoa“. Dabei handelt es sich um einen „Wiascht“, wie man in Neukirchen am Großvenediger sagen würde. Das ist kein „Würstel“wie Unbedarfte annehmen könnten, sondern ein Wirt, und zwar in Eugendorf. Er heißt „Drei Eichen“.
Zur Höchstform aufgelaufen bin ich schon in jungen Jahren. Damals habe ich in einer Bäckerei in einem englischsprachigen Land neben Kidney-Pie und allerhand anderem Seltsamen auch Sachertorte verkauft. Weil die Kunden dort mit meiner original österreichischen Aussprache nichts anfangen konnten, musste ich „Sascha Tod“verkaufen. Gelungene Integration fordert eben große Opfer.