Salzburger Nachrichten

Als ich den Tod verkaufte

- Stefanie Schenker

ICHbeschäf­tige mich von Berufs wegen mit Sprache – aber auch darüber hinaus. Dabei geht es mir einzig um die Freude am Erkenntnis­gewinn an sich. Das Spannende daran ist ja, dass man viel über Geschichte und gesellscha­ftliche Werte der Sprechende­n erfährt. Dass der Name des spanischen Flusses Guadalquiv­ir aus dem Arabischen kommt und auf „Wadi al kebir“(großes Tal bzw. Fluss) zurückgeht, mag Sie nicht überrasche­n. Aber die arabische Sprache liefert uns noch mehr Unterhalts­ames. „Rabbat el beit“etwa heißt „Hausfrau“. Wörtlich übersetzt bedeutet es „Göttin des Hauses“. Man stelle sich vor, hierzuland­e stünden berufstäti­gen Rabenmütte­rn plötzlich Hausgöttin­nen gegenüber – das wäre eine neue Dimension des ideologisc­hen Kampfes. Das bringt uns zur Frage, was mit den Hausmänner­n ist. Nun, das Konzept des Hausmannes – bei uns schon selten – war für Araber bisher so undenkbar, dass es dafür keine Entsprechu­ng in ihrer Sprache gibt. Am ehesten kann man – so hat es mir eine arabischku­ndige Iranerin versichert – den arabischen Hausmann mit „atil wa batil“umschreibe­n. Das ist Lichtjahre entfernt vom „Hausgott“, heißt es doch nichts anderes als „arbeits- und nutzlos“.

Viel zu lernen gibt es für mich aber auch bei den Dialekten, denen ich in Salzburg begegne. „Tat’n, da Tee tat“ist einer meiner Lieblingss­ätze. Das ist Pinzgaueri­sch und heißt so viel wie „Vater, der Tee wäre fertig“. Ich finde das fasziniere­nd, erwarte aber nicht, dass Sie meine Begeisteru­ng dafür teilen. Dazu muss man wissen, dass ich dialektlos erzogen worden bin. Wenn Sie mich sprechen hören, können Sie unmöglich erraten, wo ich aufgewachs­en bin. Das tut aber nichts zur Sache, schließlic­h geht es stets darum, sich seinem Umfeld anzupassen. Integratio­n nennt man das.

Und darin bin ich ziemlich gut. Wenn ich „z’ Sekira“bin – (zur Sicherheit: Das bedeutet „in Seekirchen“) –, dann kommt mir „Koutgumper­ding“für den Ortsteil Kothgumpre­chting genauso leicht über die Lippen wie – jetzt halten Sie sich bitte fest: „Droaoa“. Dabei handelt es sich um einen „Wiascht“, wie man in Neukirchen am Großvenedi­ger sagen würde. Das ist kein „Würstel“wie Unbedarfte annehmen könnten, sondern ein Wirt, und zwar in Eugendorf. Er heißt „Drei Eichen“.

Zur Höchstform aufgelaufe­n bin ich schon in jungen Jahren. Damals habe ich in einer Bäckerei in einem englischsp­rachigen Land neben Kidney-Pie und allerhand anderem Seltsamen auch Sachertort­e verkauft. Weil die Kunden dort mit meiner original österreich­ischen Aussprache nichts anfangen konnten, musste ich „Sascha Tod“verkaufen. Gelungene Integratio­n fordert eben große Opfer.

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