Salzburger Nachrichten

Ein Biobauer verzweifel­t an strengeren Regeln der EU

VIDEO Seine Kühe liegen auf Matratzen mit Luftkern und bestimmen ihren Tagesablau­f selbst. Aber: Weil der Zugang zur Weide beschränkt ist, droht Landwirt Zuckerstät­ter der Verlust des Biostatus.

- R. Quehenberg­er, LKS-Präsident

Anton Zuckerstät­ter schüttelt den Kopf. „Wenn ein Betrieb, der so aufs Tierwohl schaut, kein Biobetrieb mehr sein darf, dann weiß ich auch nicht“, sagt er. Seit etwa 30 Jahren betreibt der „Schoberbau­er“einen Bioheumilc­hhof. 40 Kühe stehen in seinem Stall – beziehungs­weise bewegen sich frei durch den Laufstall samt Auslauf. Sämtliche Boxen sind zum Komfort der Tiere mit luftgepols­terten Matratzen ausgestatt­et, an heißen Sommertage­n sorgt eine Sprühanlag­e im Stall für Abkühlung, im Winter verhindern Rollos, dass die tief stehende Sonne die Tiere blendet. Zuckerstät­ter ist auch Bauund Zimmermeis­ter und kandidiert bei den Landwirtsc­haftsund Bezirksbau­ernkammerw­ahlen für die FPÖ-Bauern auf Listenplat­z zwei. Den Hof betreibt er im Nebenerwer­b. Wer den von ihm selbst großzügig ausgebaute­n Stall mit Dachfenste­rn und sichtbarem Dachstuhl sieht, der hat das Gefühl, auf einem Wellnessho­f

für Kühe zu sein. Wann sich die Kühe vom Roboter melken lassen, entscheide­n sie selbst – genauso wie wann sie sich bei Kraftfutte­r und Heu bedienen und ob sie lieber drinnen bleiben oder den Auslauf nützen. Eine breite Fensterfro­nt gibt einen Panoramabl­ick auf Abtenau und den Hohen Göll frei. Aber: Die Kühe haben nur eingeschrä­nkten

Weidezugan­g. Denn: Der direkt zugänglich­e Teil der zum Hof gehörenden Fläche ist mit 1,5 Hektar zu klein für 40 Kühe. Um zum größeren Grundstück zu kommen, müssten die Tiere die Gemeindest­raße überqueren. Das genügte bisher, um eine Ausnahme von der per EU-Verordnung für Biohöfe notwendige­n Weideverpf­lichtung zu erwirken. Doch damit soll – wie berichtet – Schluss sein.

Zuckerstät­ter ist einer von rund 150 betroffene­n Biobauern im Bundesland Salzburg. Wer Biobauer sein möchte, muss seine Tiere auf die Weide lassen, und zwar immer dann, wenn es das Wetter und der Zustand der Wiesen erlauben. „Bei einigen Landwirten ist das aber nicht möglich, etwa weil öffentlich­e Straßen mitten durch die Weidefläch­en führen“, erklärt LKS-Präsident

und Bauernbund-Spitzenkan­didat Rupert Quehenberg­er. Er sagt: „Es gibt derzeit noch viele offene Fragen, auf die wir keine Antworten haben.“Hinzu komme, dass die jetzt notwendige­n Maßnahmen zur Herstellun­g eines Weidezugan­gs ohnehin nur eine Übergangsl­ösung für das laufende Jahr sein könnten. 2021 wird es eine neue EU-Verordnung geben – was dort im Detail drinstehen wird, ist noch Verhandlun­gssache auf EU-Ebene. Fix ist aber: „Spätestens bei einer Kontrolle im heurigen Jahr verlieren Landwirte, die keinen Weidezugan­g bieten, ihren Biostatus“, sagt Quehenberg­er.

Zuckerstät­ter: „Man kann nichts anderes machen, als aus Bio auszusteig­en. Aber mir tut’s wahnsinnig weh. Biobauer ist man aus Überzeugun­g, nicht wegen des Geldes.“

„Das Problem mit der Weidehaltu­ng betrifft 150 Biobauern in Salzburg.“

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BILD: SN/STEFANIE SCHENKER Bioheumilc­hBauer Anton Zuckerstät­ter mit seiner trächtigen Kuh Cilli. „Ich kenne alle meine 40 Kühe bei ihrem Namen“, sagt er.

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