Der neue Kommissär ist ein Zuagroasta
Der gebürtige Niederösterreicher Walter Salmer ist für drei Jahre der „wichtigste“Tamsweger. Ab Sonntag herrscht im Ort Ausnahmezustand.
TAMSWEG. Eigentlich wollte Walter Salmer kürzertreten. Mit Jahreswechsel übergab der 61-Jährige seine Agentur für Buchhaltung und Immobilienverwaltung an seine Tochter. Aus dem Müßiggang wird allerdings vorerst nichts. Am 1. Jänner ging Salmer beim „Andingen“der Vereinigten zu Tamsweg als neues Oberhaupt hervor. „Im ersten Moment habe ich geschluckt, aber mittlerweile ist es ein sehr angenehmes Gefühl.“Statt fünf Mitarbeitern hat er in den kommenden drei Jahren 755 Vereinigte unter sich.
In seiner eigenen Biografie spielt der Männerbund, eine der älteste Bruderschaften Österreichs (gegr. 1738), eine maßgebliche Rolle. Der gebürtige Niederösterreicher zog aus beruflichen Gründen in den Pongau, arbeitete in der alten Atomic-Fabrik in Wagrain. Es kam ein Angebot vom Wirtschaftsverein Lungau, Salmer sollte unter anderem die EDV aufbauen. Er nahm an, kam mitsamt Gattin Rosi als Fremder in den Lungau. Für seinen gesellschaftlichen Anschluss mitentscheidend war der Beitritt bei den Vereinigten im Jahr 1984. Selbstständig machte er sich 2000.
Der Neu-Kommissär will den Männerbund nicht als Berufsnetzwerk verstanden wissen. „Für mich sind die Werte maßgeblich. Es kommen alle gesellschaftlichen Schichten zusammen, vom Müllmann bis zum Doktor. Jeder ist per Du, man hilft sich gegenseitig.“Und das sei nicht einfach dahergesagt. „Wir kümmern uns wirklich umeinander, ob es jemand finanziell oder seelisch schlecht geht.“Es brauche mehr Identifikation als in den meisten anderen Vereinen. Der Kodex der Vereinigten wirke sich auf das soziale Leben der gesamten Gemeinde aus, ist Salmer überzeugt. Tamsweg als Wohnoder Arbeitsort ist nach wie vor obligat für die Mitgliedschaft. Eine Ausnahme gemacht hat man allerdings für Landeshauptmann Wilfried Haslauer.
Ab Sonntag herrscht im Lungauer Bezirksort Ausnahmezustand. Die Vereinigten-Festwoche beginnt mit dem großen Umzug zu Ehren des neuen Kommissärs. 300 Mitglieder bauen derzeit Festwagen, inszenieren Aufführungen.
„Das ist eine riesige Ehre“, sagt Salmer. Ein bisschen nervös sei er auch. Immerhin ist es üblich, dass das neue Oberhaupt beim Umzug humorvoll aufs Korn genommen wird. „Meine Frau und ich haben gedacht, dass wir ein offenes Buch sind. Aber angeblich haben sie einige Sachen aus unserer Vergangenheit ausgegraben.“
Auf den Umzug folgt der traditionelle Veranstaltungsreigen mit der „Bärenvesper“, dem Hohen Festtag, Bruderschaftsmahl, Vereinigten-Ball, Maskera-Tag, „Gestrigen-Tag-Suchen“, „Geldbeutelwaschen“. Eine anstrengende Sache für die Vereinigten und ihren neuen Chef. Aber Walter Salmer hat sich ohnehin damit arrangiert, dass der Ruhestand noch warten muss.
„Bin schon gespannt, was sie aus meiner Vergangenheit ausgegraben haben.“Walter Salmer, Kommissär